So ein weiter Bericht, leider nicht all zu lang, aber wenn ich da noch weiter schreiben würde, würde es das Ende zerstören.
Spielt irgendwann im August - ja bin hinten drein ^^ und Aufgabe oder Schicksal nicht drin. Hoffe er ist nicht zu wirr... Viel Spass beim Lesen!



Nr. 41 - Konnte ich, sollte ich, durfte ich?

Ich sass da. Zitterte. Diese Entscheidung zu treffen war fast unmöglich für mich. Konnte ich? Sollte ich? Durfte ich? Ich liess den Kopf auf meine hochgezogenen Knie fallen.
Ich hörte den Wald um mich rauschen.
Zoey versuchte meine Tränen weg zu lecken.
Wieder schoss die Frage durch meinen Kopf.
Konnte ich sie beantworten?
Sollte ich sie beantworten?
Durfte ich das überhaupt?
WARUM?
Warum musste eigentlich das Leben so sein. So... so wie es eben war? So voller Leben. Andere Leute hatten das Leben im Griff, aber bei mir war das anders. Bei mir war es umgekehrt. Das Leben hatte mich im Griff...
Ich fühlte mich alleingelassen. Niemand konnte mich verstehen. Nicht einmal Cate. Sie war nicht ich und ich war nicht sie. Noch einmal liess ich die letzten paar Stunden in meinem Kopf Revue passieren.

Schon am Morgen merkte ich, dass heute etwas besonders anfallen würde. Als Dad dann sagte, dass er und Angelika mit Cate und mir sprechen musste, war das keine Überraschung mehr für mich. Camilla passte auf die drei kleinen auf und Dad, Cate, Angelika und ich sattelten unsere Pferde. Das war etwas, was ich auch gelernt hatte. Dad fand nur den Mut etwas Heikles anzusprechen, wenn Silvermoon dabei war. So war es für mich auch nicht verwunderlich, dass er sein Senior sattelte. Ich entschloss mich Bounty zu nehmen – wenn Silvermoon dabei war, war es der alten Stute bestimmt auch nicht zu viel. Cate sass natürlich auf Carry Me und Angelika auf Tolino. Gemeinsam ritten wir raus in den Wald. Durch Felder, über Wiesen. Der Ausritt hätte schön sein können, wenn Cate und ich gewusst hätten, was Dad und Angelika mit uns besprechen wollten. Die ganze Zeit hing das wie eine dunkle Wolke über uns. Cate sah mich fragend an, doch ich zuckte mit den Schultern. Keine von uns hatte eine Ahnung um was es sich handelte. Endlich kamen wir zu einer kleinen Lichtung und ich erinnerte mich daran, wie Dad uns hier sagte, dass er und Angelika ein Kind erwarteten. Benjamin. Mir wurde leicht mulmig, als ich daran dachte, was danach geschah. Durch dann stieg mein Vater schon ab und führte Silvermoon zu einem Baumstrunk. Er liess ihn Grasen. Er warf Angelika einen liebevollen Blick zu. Sie setzte sich neben ihn. Angelika. Sie war nicht mehr weg zu denken aus meiner Familie. Angelika war ein Teil von meiner verrückten Familie geworden, ein Teil von mir.
„Und?“ fragte Cate. „Hoffentlich eröffnet ihr uns nicht, dass Angelika wieder schwanger ist. Drei kleine Schreihälse reichen mir.“
Angelika lachte. „Nein, wobei...“ Cate funkelte sie böse an. „Nein, Cate. Praktisch Drillinge reichen mir im Moment auch.“
Dad ergriff Angelikas Hand.
„Also. Angelika und ich würden gerne Heiraten.“
Ich schluckte. Dann wäre Angelika wirklich die Frau an Dads Seite. Genau wie Mom es war. Bis jetzt war Angelika nur Dads Freundin gewesen und nicht seine Frau.
Plötzlich merkte ich, dass Dad und Angelika mich gespannt ansahen. Auch Cate blickte zu mir rüber. Ich seufzte. Nein ich konnte da nicht so egoistisch ein. Angelika hat gezeigt, dass sie die perfekte Frau an Dads Seite ist und keine andere würde ich da hin lassen. Da konnte ich doch gefälligst akzeptieren, dass sie in Zukunft DIE Frau an Dads Seite sein durfte. Ich atmete tief durch.
„Viel würde es ja eh nicht ändern...“ meinte ich zögerlich. Ich hatte mich damit abgefunden, dass Angelika da war. Das Dad und sie sich lieben, das Ben ihr gemeinsames Kind ist und unser Halbbruder. Auch hatte ich mich mittlerweile daran gewöhnen können, dass sie die Familienmutter ist. Aber sie ist nicht MEINE Mutter, nicht meine Mom. Nur die Familienmutter, das durfte sie auch sein, aber nicht meine Mom. Aber wenn sie mit Dad heiratet, dann nimmt sie endgültig die alte Stelle von Mom ein... Ich kämpfte mit mir selbst. Mein Verstand sagte mir, dass Angelika auch mit der Heirat nicht Moms Stelle einnehmen würde und Mom weiterhin diesen unsichtbaren Platz in unserer Familie hat, aber mein Herz schrie nein! Nur weil sie nicht mehr lebte, konnte jemand andere doch nicht einfach ihr Platz einnehmen. Ich seufzte. Alle schienen auf mich zu warten. Auf meine Antwort.
Dad stand auf. „Lucy, wenn du ein zu grosses Problem damit hast, dann können wir das verstehen... Du weisst, dass du mir genauso wichtig bist wie Angelika und...“
„NEIN!“ schrie ich. „Nein, Dad du darfst nicht wegen mir... Es ist gut, ich werde schon irgendwie damit klar kommen.“
Ich merkte, wie Dad sich entspannte. Er hatte meine Erlaubnis. Während Dads Freude zu nahm, merkte ich, wie mein Herz sich verkrampfte. Dad gab mir einen Kuss auf die Stirn.
„Danke, Lucy. Danke. Du glaubst nicht wie glücklich ich bin.“
Merkte er dann nicht, wie ich mit den Tränen kämpfte? Wie es in mir aussah? Cate blickte zu mir rüber. Streckte den Arm nach mir aus. Sie spürte, dass sie mich nun nicht umarmen durfte, weil ich dann zu weinen beginnen würde. Aber trotzdem drückte sie meine Hand. Ihr ‚Ich steh dir bei.’ Und in diesem Moment wusste ich, dass ich es auch wirklich schaffen würde. Irgendwie. Mit Cate zusammen.
„Und wann ist es so weit?“ fragte Cate. Ich war froh um diese Frage, selber hätte ich sie nie stellen können, aber trotzdem brannte die Antwort auf der Zunge.
„Ende September.“ Meinte Angelika. „Ist zwar nicht mehr lange bis dann, aber wir hoffen da noch auf gutes Wetter.“
Zoey, die unbedingt auch mit wollte, legte sich zu mir. Im Grund genommen verändert sich ja nicht viel... Der Alltag wird noch gleich aussehen... Mein Herz taute ein klein wenig auf. Es wird schon nicht so schlimm werden. Es wird schon gehen. Irgendwie. Es muss. Für Dad. Für Angelika. Ich liess mich ins Gras fallen. Cate setzte sich zu mir. Solange wir zwei zusammen bleiben konnten, war alles gut. Zwillinge trennt man nicht! Nicht uns!
„Da ist noch etwas, über das ich und Tim gesprochen haben.“ Meinte Angelika zögerlich.
Der Nachnamen!, schoss es mir durch den Kopf. Ich blickte auf.
„Was?“ meine Stimme ist leise. „Wegen dem Nachnamen? Ich will immer eine Davids bleiben, weil...“ weil Mom so geheissen hat, weil das mein altes Leben bedeutet. Aber eigentlich war es doch Dads Nachname und Miller, der Mädchenname meiner Mutter. Aber Lucy Davids war die Person aus London, die nach Deutschland (zurück)ging. Ich wollte nicht zu Lucy Meyer werden. Nein, niemals. Und überhaupt. Hier war ich inmitten der Davids-Familie. Die konnte doch nicht plötzlich zur Meyer-Familie werden?
„Lucy, ich werde den Nachnamen Davids annehmen. Keine Angst.“ Sie lächelte mich an. „Das ist es nicht...“
Zum einen wurde mein Herz leicht, aber dann auch gerade wieder schwer. Was dann?
„Du und Cate, ihr seid für mich fast wie meine eigenen Kinder, wie Ben. Ich möchte keinen Unterschied zwischen euch und ihm haben. Als Stiefkinder hättet ihr keine Anrechte auf irgendwas... Aber ich habe mich entschlossen Tim zu heiraten und das bedeutet, dass ich mich nicht nur für ihn entschlossen habe sondern für euch. Für Tim, Cate, dich, Liv, Mel und den ganzen Hof. Deshalb... Deshalben haben Tim und ich über eine Adoption nachgedacht. Aber es ist eure Entscheidung. Darf ich euch beide adoptieren?"
Ich sah sie nur an. Unfähig eine Bewegung zu machen. Unfähig einen Laut auszustossen. Ich war Nataly Davids-Millers Tochter und nicht ihre. Und das würde ich immer bleiben! Ich konnte doch nicht meine tote Mutter so hintergehen. Doch es wurde noch schlimmer. Cate brach mir das Herz, in dem sie aufsprang und Angelika um den Hals flog.
„Angelika, ich habe mir mein ganzes Leben lange eine Mutter gewünscht! Sicher will ich das. Dann habe auch ich endliche eine Mutter.“
Angelika strahlte übers ganze Gesicht und drückte Cate an sich. Das war zu viel für mich. Cate hatte eine Mutter. Schon ihr ganzes Leben lang! Mom war auch ihre Mutter! Ich sah sie wütend an. Wie konnte sie! Wenn Blicke töten könnten, weiss ich nicht, ob ich dann ausversehen meine Schwester umgebracht hatte. Mein Herz war zu einem Eisklotz geworden und in meinem Bauch tobte die Wut.
„CATE!“ schrie ich sie an.
Verwirrt drehte sie sich zu mir um.
„Cate, wie kannst du?!“
„Lucy, beruhige dich. Lucy... Wenn...“
„Du hast eine Mutter, Cate. Nataly.“
Dann drehte ich mich schnell um, weil ich merkte, dass ich ihr am Liebsten ins Gesicht geschlagen hätte. Das erschreckte mich zu Tode. Ich kletterte auf Bounty. Dads Verbot zu Reiten überhörte ich. Drückte ihr die Fersen in den Bauch. Doch die Stute bewegte sich keinen Millimeter.
„Lucy, komm da runter!“ befahl Angelika in einem ruhigen aber strengen Ton.
Ich drückte meine Fersen stärker an Bountys Bauch. „Lauf!“ Doch sie bewegte sich nicht. Ich warf einen Blick hinüber zu den andern. Dad schien ganz versunken da zu sitzen, so als ob... Nein, das durfte nicht wahr sein. Er steckte hinter Bountys Verweigerung. Er redete mit ihr!
„Ihr könnt mich alle mal!“ schrie ich und sprang von Bounty runter. Und rannte blindlings in den Wald hinein. Ich rannte und rannte bis meine Lunge brannte. Doch das war nicht genug. Ich rannte weiter. Rannte und Rannte. Immer weiter weg. Soweit es nur irgendwie ging. Das war’s, dachte ich. Jetzt gehe ich zurück nach London! Aus Amen. Das Ende der Gestüt Silvermoon-Davids Clan Phase meines Lebens.
Ich rannte weiter. Zwischen Bäumen und Büschen durch, sprang über Zweige und Äste. Einfach immer gerade aus, egal wo der Weg durch ging. Ich musste weg. Weg von ihr, weg von Deutschland, weg von meiner Familie, weg von Cate... Wie konnte mir meine Familie das antun? Wie konnte sie so weit gehen?

Meine Schritte wurden langsamer, gleichmässiger.
Ich begann wieder gleichmässiger zu atmen. Und mit jedem Atemzug und jedem zurückgelegten Meter, so schien es, bekam mein Verstand wieder die Macht über mein Herz.
Ich war Volljährig und ich konnte tun und lassen was ich wollte, da konnte mich niemand dazu zwingen, der Adoption zuzustimmen. Sollte Cate doch tun was sie wollte – meine Schwester war sie dann aber nicht mehr! Doch dann durchzuckte eine neue Idee meinen Kopf. Konnte man Volljährige Personen überhaupt adoptieren? Ich kramte mein Handy hervor um das gerade mal im Internet nach zu sehen. Eine neue Nachricht war darauf von Cate. Mindestens versucht Dad mich nicht anzurufen, mindestens so viel verstand besass er noch, dachte ich und merkte gar nicht, dass ich Cate Nachricht öffnete.

Bitte verzeih mir. Wenn du es nicht willst, dann tue ich es auch nicht. Für dich, für uns beide. Denn du bist mir wichtiger. Ich will dich nicht verlieren, Lucy!

„Verdammt Cate, ich will dich doch auch nicht verlieren. Euch alle nicht!“ schrie ich in den Wald raus. „Aber wie kannst du Mom nur dermassen verraten!“ Ich ging langsam und gleichmässig weiter. Zoey streifte wenige Meter neben mir durch Unterholz, genau wie ich. Im Wald kamen meine Gedanken irgendwie immer wieder in die richtige Ordnung. Ich startete den Browser auf meinem Handy und gab das Wort Adoption ein. Unzählige Treffer – ich starrte auf das Display meines Handys unfähig einen davon an zu klicken. Ich liess mich auf einen Baumstrunk fallen. ADOPTION, das Wort war wie ein heisses Schwert, an dem ich mich gleich verbrennen konnte. Ich seufzte drückte dann auf den Wikipedia Link.

Adoption (von lateinisch adoptio) oder Annahme an Kindes statt oder Annahme als Kind bezeichnet die rechtliche Begründung eines Eltern-Kind-Verhältnisses zwischen dem Annehmenden und dem Kind ohne Rücksicht auf die biologische Abstammung.

Sowohl leiblich verwandte als auch leiblich nicht verwandte Personen können adoptiert werden. Nicht leiblich verwandte Adoptivkinder nehmen rechtlich den Platz einer verwandten Person in einer Adoptivfamilie ein. Die familienrechtlichen Beziehungen zwischen dem adoptierten Kind und seinen Herkunftseltern erlöschen im Regelfall.

Der letzte Satz liess mich versteinern. Nein, nie im Leben. Das würde bedeuteten, dass ich nicht mehr Natalys Tochter bin, sondern die von Angelika. Nein, das konnte und wollte ich nicht. Wenn Angelika so was wie meine zweite Mutter werden würde, dann vielleicht, aber wenn ich mich von Mom trennen musste. Nein! Niemals. Nicht einmal für Cate. Und dann würde ich auch Colin verlieren – mein Grossvater. Angelikas Eltern würden nie meine Grosseltern werden können. Colin war mein Granddad und wird er auch immer bleiben. Er konnte nicht einfach plötzlich nicht mehr mein Grossvater sein. Er ist es, genau wie Mom meine Mutter ist und es immer bleiben würde. Eine Träne rollte über meine Wange. Ich starrte wieder auf das Display. Da stand nichts, dass nur Minderjährige adoptiert werden konnten. Kein Gesetzt würde also Cate aufhalten, Mom zu verleugnen. Nur ich konnte das schaffen. Ich biss mir auf die Lippe bis es blutete. Ich sah hoch in die Baumkronen.
„Mom, was soll ich machen? Ich kann doch Dad und Angelika nicht dermassen verletzen, aber ich muss es. Ich kann doch nicht. Ich darf das nicht. Und Cate, was ist, wenn sie es tut? Dann sind wir keine Schwestern mehr... Mom, könntest du nicht einfach hier sein?“
Zoey kam und versuchte mir das Gesicht ab zu lecken. Eigentlich hasste ich das, doch dieses Mal liess ich es zu, weil ich keine Energie hatte mit Zoey zu schimpfen.

„Brauchst du ein Taschentuch?“
Ich zuckte zusammen. Blicke auf.
„Granddad?¨“
Er setzte sich stumm zu mir.
„Warum?“
„Tim hat mir gesagt, dass... naja dass er sich Sorgen um dich macht. Klar seist du volljährig und kein Kleinkind mehr, aber er hatte doch Angst, dass du vielleicht in deiner Wut irgendeine Dummheit machst.“
Ich schluckte. „Und warum nicht er?“
„Weil er genau weiss, dass du ihn nicht sehen willst.“
Ich nickte. Nein Dad würde ich hier nicht ertragen.
„Warum hast du mich gefunden?“
„Lucy!“ Granddad lachte. „Ich kenne dich doch schon dein ganzes Leben lang und du bist mir sehr ähnlich... Ich bin meinem Bauchgefühl gefolgt. Der Wald kann sehr beruhigend sein.“
Ich legte meinen Kopf an die Schulter von meinem Grossvater. Zoey hatte es mittlerweile aufgegeben mein Gesicht trocken zu lecken und hatte sich zu unsern Füssen gelegt.
Granddad legte einen Arm um meine Schultern. „Lucy, du musst mir nicht antworten, aber was war eigentlich los? Tim hat wirklich extrem besorgt getönt und auch Angelika.“
Ich blickte auf meine Hände. „Du weisst es nicht?“
„Nein.“
„Angelika und Dad wollen Heiraten.“ Meinte ich zögerlich.
„Und warum hast du damit ein Problem? Ich dachte du magst Angelika mittlerweile sehr.“
„Ja. Nein. Es ist so... Wegen Mom, verstehst du? Aber ich habe gesagt, dass es okay ist. Ich werde das schon schaffen...“
„Ach Lucy und jetzt wünscht du, dass du dies nie gesagt hättest, das es in Ordnung sei?“
Ich schüttelte den Kopf. „Nein, was ich gesagt habe, meine ich auch so. Sie dürfen heiraten, ich werde mich schon daran gewöhnen. So viel ändert es ja auch nicht mehr. Nicht wirklich. Im Alltag wird man nicht viel merken...“
„Bist du sicher? Also wenn ich dich so ansehe, scheint mir das anders. Du bist komplett ausser dir.“
„Aber das ist nicht wegen dem. Angelika will, dass Ben, Cate und ich die gleiche Stellung haben. Sie will mich und Cate nicht als Stiefkinder... Sie möchte uns adoptieren...“
Ich konnte nicht mehr weiter sprechen, mein Körper zittere. „Cate hat sich gefreut und ist ihr um den Hals gefallen, dass sie jetzt endlich auch eine Mutter hätte. Aber das hat sie doch. Mom! Ich – wir können ihr das doch nicht einfach antun. Mom ist doch unsere Mutter!“ schluchzte ich. „Granddad, das geht doch nicht...“
Granddad drückte mich fest an sich. „Lucy, Nataly ist und bleibt für euch beide immer eure leibliche Mutter. Aber nur für dich war Nataly auch deine Mom, deine ‚Mutter’. Für Cate war sie nie da... Ich kann schon verstehen, dass Cate das Gefühl hat, sie hätte keine ‚Mutter’. Zwischen ‚Mutter’ und leiblicher Mutter besteht ein Unterschied. ‚Mutter’ ist die weibliche Person, die immer für da ist bei Problem, dich durch deine Kindheit begleitet, dich erzieht, mit der spielt, die tröstet... Für dich Lucy, ist die leibliche Mutter und deine ‚Mutter’, Nataly. Für Cate ist Nataly bloss die leibliche Mutter, eine ‚Mutter’ hatte sie bis jetzt nicht. Da hat Cate recht.“
„Aber Granddad!“
„Nein Lucy, es ist so. Überleg doch mal. Du hast mir selber erzählt, dass du Angelika nun als Davids-Familien-Mutter ansiehst. Sie ist nun deine ‚Mutter,’ seit sie in euer Leben getreten ist. Sie ist für dich da, sie kocht für dich, kümmert sich um euch,...“
„Naja... Das stimmt.“
„Siehst du. Und genau das ist die ‚Mutter’. Nataly war deine leibliche Mutter und Mutter in einem. Jetzt ist Angelika auf eine gewisse Art und Weisse deine Mutter – auch wenn du sie als Volljährige nicht mehr allzu strak brauchst – und Nataly bleibt aber deine leibliche Mutter. Cate hatte früher nur eine leibliche Mutter und mit Angelika das erste Mal eine ‚Mutter’.“
„Okay... Aber.“ Meinte ich zögerlich. „Aber, wenn ich der Adoption zustimme, dann verlier ich meine ganze verwandtschaftliche Beziehung. Dann bist du nicht mehr meine Granddad und Mom...“
„Lucy, ich kenne mich zwar mit dem Adoptionskram nicht ganz so gut aus, aber ich glaube es spielt eine Rolle, ob du Volljährig bist oder nicht. Als Kind wechselst du ganz, als Volljährige bestätigst du nur dass Angelika nun deine ‚Mutter’ ist.“
Ich sah ihn an. „Echt?“
Er blickte auf mein Handy. Ich folgte seinem Blick und meine Augen blieben sofort an einem Wort hängen:

Volljährigenadoption
Auch ein Volljähriger kann nach deutschem Recht als Kind angenommen werden. Voraussetzung ist, dass zwischen dem annehmenden (Stief-)Elternteil und dem anzunehmenden (Stief-)Kind bereits ein Eltern-Kind-Verhältnis entstanden ist (§ 1767 Abs. 1 BGB). Die Volljährigenadoption bedeutet nicht, dass der/die Adoptierte damit die Bindungen zu seinen/ihren leiblichen Eltern aufgeben muss. Denn im Unterschied zur Adoption Minderjähriger tritt ein volljähriger Adoptierter (und dessen Nachfahren) grundsätzlich nur in ein Verwandtschaftsverhältnis zum annehmenden Elternteil ein, nicht jedoch zu dessen Familie (§ 1770 Abs. 1 BGB). Die Volljährigenadoption hat damit nur geringfügige erbrechtliche Auswirkungen. Die derart adoptierten Kinder (und deren Nachfahren) werden damit doppelt erbberechtigt. Sie sind dann gesetzliche Erben sowohl ihrer beiden leiblichen Eltern (als Ursprungfamilie) als auch des annehmenden anderen Partners.

Die Blutsverwandten der so adoptierten Volljährigen sind weiterhin mit ihnen verwandt und erbberechtigt (§ 1770 Abs. 2 BGB). Hingegen entstehen durch diese Adoption aber keine Verwandtschaft und keine Erbberechtigung zwischen den adoptierten Stiefkindern und der sonstigen blutsverwandten Familie des annehmenden (Stief-)Elternteils.

Ich blickte zu Colin auf. „Du meinst...?“
„Lucy, Tim würde dich NIEMALS nur ein klein wenig dazu zwingen, von Nataly und mir dich zu trennen. Unter keinen Umständen, da bin ich mir ganz sicher. Er weiss, dass Nataly und ich ein Teil deines Lebens sind. Auch wenn du überhaupt nicht mit uns verwandt wärst, dann wären Nataly und ich ein Teil von dir. Das akzeptiert und respektiert er. Ich denke sie haben das überhaupt erst in Erwägung gezogen, gerade weil du und Cate schon Volljährig seid und somit durch die Adoption nur bestätigt, dass Angelika eure ‚Mutter’ ist. Ihr gehört dann wohl zu den wenigen Personen auf der Welt, die so zusagen von drei Familien abstammt. Von Nataly, Tim und Angelika, wobei bei ihr Verwandten zu euch nicht die gleiche Stellung einnehmen wie z.b. ich oder Tims Eltern.“
Ich sass stumm da und dachte über Colins Worte nach.
„Bist du sicher? Weil Dad hat nichts gesagt...“
„Ich denke nicht, dass du ihm dafür Zeit gelassen hast...“
Ich schluckte. „Wahrscheinlich nicht...“
„Eben.“

Wir schwiegen. Ich hing meinen Gedanken nach. Meine Gedanken kreisten immer wieder um Angelikas Frage. „Darf ich euch adoptieren?“ Konnte ich, sollte ich, durfte ich? Immer wieder kam ich auf die gleichen drei Fragen.
Konnte ich damit leben, dass Angelika mich adoptierte und dann auch auf dem Papier meine ‚Mutter’ war und nicht nur in meinem Gefühl?
Sollte ich die Frage positiv beantworten, weil Angelika im Prinzip wirklich ‚Mutter’ war?
Aber durfte ich diese Frage wegen Mom überhaupt positiv beantworten?
Ich grübelte und grübelte. Mein Grossvater sass neben mir. Sein Handy klingelte. Er zog es hervor und warf einen Blick auf mich. Das genügt mir und ich wusste, wer es war. Tim. Colin nahm ab.

„Hallo?“
„Hast du sie?“ hörte ich eine schwache Stimme aus dem Handy. Das war nicht Tim, das war Angelika! Ich war paff.
„Ja.“ Meinte Colin.
„Gott sei Dank! Ich hätte sie das nie fragen dürfen. Ich kann mir nicht verzeihen, wenn ihr was passiert, Colin... Tim sagt, dass wir sie nicht suchen gehen dürfen, den Fehler hätte er schon am Anfang gemacht. Sie sei wie Nataly, sie brauche bei so was ihrer Ruhe und müsse dies zu erst mit sich selbst ausmachen... Aber wenn ihr was passiert wäre? Ach ich bin so froh, dass du sie gefunden hast...“
Ich hörte Angelikas weinerliche Stimme durchs Telefon und da wusste ich, sie IST meine ‚MUTTER’. Ich wusste dies plötzlich ganz sicher. Noch nie war ich in meinem Leben bei etwas sicherer gewesen und würde es vermutlich auch nie mehr sein. Nataly war und ist meine leibliche Mutter und sie war meine ‚Mutter’ aber nun ist Angelika meine ‚Mutter’. Schon lange, schon sehr lange. Schon seit sie hier ist... Ohne lange Zeit ohne das ich es richtig bemerkt hatte. Das kam erst in letzter Zeit.
„Granndad?“ ich streckte meine Hand nach seinem Handy aus.
„Augenblick, Angelika.“ Er sah mich fragend an.
Ich riss ihm das Handy aus der Hand.
„Hallo?“ flüsterte ich.
„Lucy?“ hörte ich ihre Stimme. Sie tönte unsicher, aber auch glücklich mich zu hören. Ich atmete tief durch.
„Ja.“.

Es verging eine Sekund, eine zweit, eine dritte. Ich sah vor meinem geistigen Auge, wie Angelika unter Tränen lächelte. Beide wussten, was dieses ‚Ja’ bedeutet. Wir schwiegen. Dies war kein komisches Schweigen, nein es war ein glückliches Schweigen und der Anfang eines neuen Lebensabschnitt für mich; für uns alle.

Schön <3
Also du - Lucy - Lucinda Davids - wie auch immer - ist ja wirklich seeeehr emotional und ich würde sogar sagen, sie reagiert gerne mal ein bisschen über, so auch in diesem Bericht...
Und genau diese Gefühlswelt den Lesern näher zu bringen ist ja sowieso deine Spezialität, deshalb; natürlich wieder sehr anschaulich, schön, mitreißend, packend geschrieben :)
Mein 'ding' ist dieses extrem emotionale reagieren nicht; aber das macht nichts, weil du es sehr gut vermitteln kannst :D
Jaaaa, was ist sonst noch zu sagen?
Es war ja klar, dass irgendwann eine Hochzeit kommt, nur Lucy fällt dabei natürlich wieder aus allen Wolken^^
Naja. Mit der Adoption habe ich aber jetzt auch nicht gerechnet, was aber definitiv ein sehr schöner zug von Angelika ist (wäre da nicht Lucys anfängliche, prinzipielle Ablehnung dergleichen Dinge).
Denn; würde nicht adoptiert werden, hätte Ben ja irgendwie eine andere, eine 'sonderstellung' Lucy und Cate gegenüber, wenn auch nur auf dem Papier. Aber durch die Adoption würde der Gedanke einer sonderstellung Bens gar nicht erst aufkommen; außerdem zeigt Angelika, dass Lucy und Cate wie Töchter für sie sind, sodass sie aus der durch Ben und durch die Hochzeit gegründete 'neue Familie Davids' nicht ausgeschlossen werden...
Also: sehr gute sache!
Und super, dass auch Colin sehr schön in diese verzwickte familiäre Situation um Lucy herum miteinbezogen ist und sie verständnisvoll unterstützt und 'in die richtige Richtung dirigiert'.
Alles in allem ein guter, emotionaler Bericht.
Was ich mir noch wünschen würde für die Zukunft; irgendwie eine neue Wendung, bzw einen neuen roten faden, der sich durch die Geschichte zieht. Das fehlt mir irgendwie in dem letzten berichten, die sich irgendwie mehr oder weniger hauptsächlich um die familiären Beziehungen gedreht haben...
Aaaber da kommt ja bestimmt (HOFFENTLICH :D) noch was von chloe, die wollte dir ja etwas mitteilen, was mit "the twins" angefangen hat^^

Du bist ein kleiner Spührhund:

- Das mit Chloe: Ja, kommt was. Und ich glaube dir wird es gefallen. Aber du musst dich noch ein bisschen gedulden.
- Das mit der Familie ist so. Absichtlich, weil nach der Hochzeit die im nächsten Beri statt findet, gibt es dann so was wie eine "Explosition". Da wirst du dann dein roter Faden wieder haben. Und die Adoption / Hochzeit ist da eben sehr wichtig.
Und ev. baue ich da gegen Ende dann auch noch Chloe wieder ein. Vielleicht auch danach - mal sehen.
- Und emotional: Ja. Das ist er. :D Aber ich versuche damit zu zeigen, das Lucy eben sehr schnell aus der Bahn geworfen ist. Das sie eben noch nicht so tiefe Wurzeln hat wie Cate.

Und das bringst du wirklich super rüber! (also das mit dem aus der Bahn geworfen werden^^)
Wow, eine 'Explosionn? Und vlt die Geschichte mit chloe? Jetzt hast du mich aber sehr neugierig gemacht, bitte bitte bitte schreib schnell weiter! :)

Habe ja Ferien. Bin gerade fleissig am tippen.

Perfekt :)