Habe daran gedacht, BEVOR ich das hier gelesen habe! Wollte es eigentlich schon vorher machen, aber dann hat das Telefon geklingelt und ich musste fast eine ganze Stunde meiner Grossmutter zuhören (nerv) und dann hat es Nachtessen gegeben...
*Heute = 26. Juni 2013 *Mit meinen Granddad spreche ich Englisch, aber ich bin zu faul alles in einer Fremdsprache zu verfassen. Die Briefe sind natürlich eigentlich auch Englisch. *Aufgabe ist drin *Schicksal eher nicht... Habe ich nicht danach geschrieben. Es wären: Juni (Teil 1): FINGER WEG VON MEINEN SACHEN! & Sarkasmus hat ein neues zu Hause gefunden!– nicht vorhanden in meinen Augen Juli (Teil 2): Gott ist ein Popstar! & Geadelt ist wer schmerzen kennt, wer angst und Tod sein Handwerk nennt. – 1. Nicht und das 2. Ein ganz klein wenig, je nach dem wie man es auslegt... *Der Bericht hat 22 Seiten. Habe daraus jetzt nur 2 Teile gemacht, hoffe das wir so auch akzeptiert, auch wenn die Grenze bei 8-10 Seiten liegt...
Nr. 212- Geburi: Sweet eighteen (Teil 2)
Als wir wieder auf dem Hof kamen, war nirgendswo jemand zu sehen. Cate stellte Carry Me wieder zurück auf die Weide während ich mit Bounty hinüber zum Stall ging, um dort zu fragen, welches ihre neue Box sein würde. Wobei tief in mir drin wusste ich bereist welches es ist. Die dritt auf der rechten Seite. Die, die immer leer blieb, auch wenn mein Vater noch so viele Pferde auf dem Hof hatte. Gut gelaunt, da ich dachte für heute alle Probleme hinter mir zu haben, ging ich auf den Stall zu. Ich wusste jetzt, dass ich hier her gehöre und auch, dass es meine Mutter so gewollt hätte und hat. Das war immer etwas, dass an mir nagte. Ich hatte oft etwas wie Schuldgefühle ihr gegenüber, da ich einfach nach Deutschland gegangen bin... Ich betrat die Stallgasse und siehe da, die sonst immer leere Boxe war mit Stroh gefüllt und an der Tür hing ein Namensschild aus Holz. „Bounty“ war da reingeschnitzt. Ich stellte die Stute rein und nahm ihr den Sattel und den Zaum ab. Dann verliess ich die Box und ging nichts ahnend hinüber zur Sattelkammer. Ich war noch ein paar Meter von der Tür entfernt, als ich die völlig aufgelöste Stimme meines Vaters hörte. „Wenn ihr etwas passiert, ich werde es mir NIE verzeihen können. Ich hätte mich selber auf die Suche nach ihr machen müssen. Nein, ich hätte sie gar nicht erst losreiten lassen dürfen, ich hätte die Briefe wegenehmen müssen, sie war noch nicht bereit.“ Dann hörte ich mir eine unbekannte Frauenstimme. „Beruhig dich, es wird alles schon gut kommen.“ – „Ich würde mich umbringen, wenn ihr was passiert. Ich will nicht noch einmal meine Familie verlieren, Angelika.“ Angelika, wer war das? Ich trat in die Tür und lies vor Schreck den Sattel und den Zaun fallen. Da stand doch mein Vater tatsächlich in den Armen einer wildfremden Frau, die ihm liebevoll die Tränen aus dem Gesicht strich und gerade dabei war ihn zu küssen! Durch den Knall, welcher der Sattel verursacht hatte, schreckten die beiden auf. „Wo ist Cate, Lucy?“ – „Auf der Weide bei Carry Me, aber das scheint dich wohl nicht zu interessieren. Hast wohl besseres zu tun!“ keifte ich ihn an. Wie konnte er auch nur daran DENKEN? Wie konnte er das meiner Mutter antuen, das war ein riesiger Vertrauensbruch. Wie konnte er einfach so mir nichts dir nichts fremdgehen? Ich drehte mich und stürmte die Stallgasse runter. „Lucy warte, LUCY! Ich wollte es euch ja sagen... Lucy! Bitte komm zurück. L-U-C-Y.“ hörte ich mein Vater. Doch es war mir egal. Ich wollte nicht länger jemanden mein Vater nennen, der fremd ging. Ich wollte mit so einer Person nicht länger befreundet sein. Ich jagte nach draussen. Schnappte nach Luft und rannte weiter. Immer richtig Garage. Dort schnappte ich mir das Fahrrad von Cate und fuhr los. Strasse runter. Abbiegen. Mit viel kraft brachte ich das Fahrrad wieder auf volle Geschwindigkeit. Abbremsen, stoppen. Und dann war ich aus den Häusern raus. Ich hatte Sonntal hinter mir gelassen. Meine Augen tränten garantiert nicht nur wegen dem Fahrtwind. Ohne dass ich es richtig merkte, schlug ich den Weg nach Tsubasa ein. Ich legte einen neuen Rekord hin – worüber ich mich auch in einem andern Zustand gefreut hätte. Ich knallte das Fahrrad auf dem Hof gegen die Wand und sprintete zu Madonnas Box. Ich hatte Glück das sie drin war und liess mich an ihren Hals fallen. Ich weinte erst einmal ein bisschen, bis ich mich plötzlich von Madonna wegstiess. Nein, ich konnte nicht mehr zu ihr gehen, schliesslich hat mein abscheulicher Vater sie mir geschenkt. Ich jagte wie von einer Biene gestochen aus der Box und lief – unter grösster Anstrengung nicht zu rennen – die Stallgasse runter um nicht zu viel Aufregung und Aufmerksamkeit zu verursachen. Doch trotzdem hatte mich Nina entdeckt. „Lucy?“ Ich atmete tief durch, wischte mir verstohlen über die Augen und drehte mich um. „Ja?“ „Hast du kurz Zeit, um Eternity zu reiten? Auf der Bahn, der Hengst muss sich mal wieder voll auspowern können. Würdest du dir das zutrauen?“ Nina war glücklicherweise etwas im Stress und einige Meter entfernt. Ich überlegte kurz. Ich hatte noch nie ein Rennpferd wie Eternity geritten... Anderseits sehnte ich mich wahnsinnig nach einen Pferd... und Eternity hat ja gar nichts mit Dad zu tun. Und auch wenn ich mich zu Tode stürzen würde, wenn würde es auch kümmern?! Ich nickte also. „Gut, danke. Pass auf und zieh dir eine Sicherheitsweste an. Sollte er dir doch zu wild sein, longierst du ihn. Aber ich denke, dass du das schon hinkriegen solltest.“
Nicht viel später führte ich den Hengst Richtung der kleinen hofeigenen Rennbahn. Eternity wurde ganz aufgeregt. Ich gab dem Hengst zu verstehen, dass er sich beruhigen sollte, doch er hörte nicht auf mich. Nur mühsam konnte ich ihn einige Runden auf dem Führring warmführen. Es glich eher einem Kampf, als einem Führen. Nach einigen Runden beschloss ich, dass es nun genug war und gurtete nach. Der Sattel war ganz anders, als die „normalen“. Klar, es war kein Rennsattel, wie beim Rennen eingesetzt wurde, aber trotzdem ein Renntrainingssattel, der wesentlich anders war, als die, die ich mir gewöhnt war. Ich verstellte die Steigbügel. Ich machte sie kürzer als normal, da ich wusste, das sie eigentlich viel kürzer sind. Aber so kurz machte ich sie dann auch wieder nicht, da ich kein Jockey war. Ich führte den Hengst zu einer Bank und sprang hoch. Er schritt gerade los und tänzelte ungeduldig. Ich spürte die durchtrainierten Muskeln unter mir. Ich merkte, dass dieses Pferd rennen konnte und vor allem WOLLTE. Ich liess ihn antraben, was aber schon sehr schwer war auszusitzen und so liess ich ihn ruhig angaloppieren. Besser gesagt war das auch wieder ein Kampf. Er wollte los rennen. Nach ca. 15 Galoppsprüngen, stellte ich mich auf und gab ihm die Zügel. Ein fataler Fehler. Eternity streckte sich und düste los so schnell wie der Wind. Ich hatte Mühe zu Atmen. Himmel noch mal, war das GALLOP oder war ich schon irgendwo zwischen Erde und Himmel halb tot? Ich zog an den Zügeln, doch Eternity nahm nur an Tempo zu. Immer schneller und schneller. Sprung um Sprung jagten wir der Kurve zu. Mir war klar, dass ich ihn verlangsamen musste. Doch die Kontrolle über ihn hatte ich schon lange nicht mehr. Ich zog abwechselnd links und rechts am Zügel. Keine Reaktion. Langsam bekam ich Panik. Ich hatte praktisch kein Gleichgewicht in den kurzen Bügeln, die aber noch lange nicht so kurz waren, wie die von Jockeys. Das einzige, was mir noch in den Sinn kam, war mich mit meinem vollen Gewicht in die Zügel zu hängen. Gut nicht unbedingt sehr Pferdegerecht, doch was sollte ich sonst machen? Die Kurve kam unweigerlich näher und ich wollte auf keinen Fall vom Pferd stürzen bei diesem Tempo. Niemals würde ich dies überleben und genau das WOLLTE ich. Es wurde mir in diesem Moment klar. Es zählte nicht mit wem sich mein Vater abgab, es zählte nicht, ob ich mich mit meiner Familie verstand, es zählte nicht, ob... Das einzige was zählte, war, dass ich überlebte! In meiner Panik zog ich mit aller Kraft an den Zügeln und Eternity wurde mit jedem Sprung langsamer. Zwar war die Tempoveränderung nur gering, aber sie war da. Wir kamen in den Bogen, ich hielt den Atem an. Eternity rutschte nicht weg. Er galoppierte kräftig und schnell voran, aber war völlig im Gelichgewicht. Ich atmete auf. Die nächste Gerade hielt ich den Hengst stärker zurück und dann waren wir dann plötzlich auch schon fast wieder im 2. Bogen. Da ich dem Hengst – mit dem Einsatz meines ganzen Gewichtes, wie es mir schien – zu verstehen gegeben habe, dass er langsam bleiben musste, erreichten wir den Bogen in gesittetem Tempo. Gesittet, das hiess keinesfalls einem normalen Tempo, sondern einfach ein nicht mehr ganz so ungestümes Tempo. Ein Tempo, bei dem mein Herz nur bis in den Bauch hinunter rutschte und nicht gerade bis in die Zehenspitzen. Nach dem zweiten Bogen, nahm ich den Hengst noch stärker auf, was ihm gar nicht passte. Doch na dies na verlangsamt er sein Tempo. Mit jedem Sprung wurde er langsamer, bis wir kurz bevor wir das zweite Mal in den ersten Bogen kamen, in den Trab gelangten. Ich atmete beruhigt auf und liess ihn den Schritt wechseln. „Nicht schlecht, dass du Dreaming of Eternity in einem so ruhigen Arbeitsgalopp halten konntest.“ „Ruhigen Arbeits-WAS?!“ kam es von mir ganz verdattert, ich merkte nicht einmal, dass ich mit meiner neuen Erzfeinden Angelika sprach. „Neu im Rennbusiness? Soll ich führ dich Eternity noch reiten?“ „Aber ich habe ihn doch schon geritten! Mehr mag der doch nicht.“ „Eternity ist ein klasse Rennpferd, was er braucht ist einmal eine Runde im Renntempo, um sich richtig auspowern zu können.“ „Aber das habe ich doch gerade gemacht, ich hatte schon Angst, dass ich mich zu Tode stürze bei diesem Tempo.“ Angelika lächelte. „Das geht allen so, wenn sie das erste Mal auf einem Rennpferd sitzen. Du bist höchstens 20-30 k/h geritten – was auch schon ganz schon schnell ist. Aber ein richtiges Rennpferd wie Eternity kann bei einem Rennen bis zu 60 km/h laufen, im Finish – den letzten Metern – sogar 65 – 70 km/h.“ Ich staunte. Eternity konnte doppelt so schnell laufen??! Wortlos sprang ich ab und übergab die Zügel Angelika. Ich borgte ihr meine Weste und Helm. Sie zog sich beides an und verstellte die Bügel – am Ende warne sie höchstens noch ein Drittel so lang wie meine davor! Dann stieg sie auf und ritt den Hengst ein paar Meter im Schritt, bevor sie ihn angaloppieren liess. Wow! Das war das einzige, was ich dachte. Wie ein Blitz, schneller als der Wind, jagte Eternity um die Bahn. Angelika schien sich auf seinem Rücken pudelwohl zu fühlen. Nach 1 ½ Runden liess sie den Braunen langsamer werden. Als sie wieder bei mir war, kaute der Hengst zufrieden am Gebiss. „Musst ihn nur noch ein paar Minuten trocken führen.“ Ich nickte. „Danke, du reitest super.“ Seufzte dann und nahm meinen ganzen Mut zusammen „Es tut mir leid was vorgefallen ist. Es ist nur so, dass ich einfach ... an Mom ... denken musste.“ bei den letzten Wörtern wurde ich immer langsamer. Angelika blickte mich an. „Muss es dir nicht. Nur damit du es weißt: Ich habe mit deinem Vater Schluss gemacht, ich will nicht zwischen euch stehen. Ich fahre jetzt nach Hause.“ Dann drehte sie sich um und ging. Ich stand verdattert da. Sie hatte mit meinem Vater Schluss gemacht? Eigentlich hätte mich das erleichtern sollen. Schliesslich hätte ich sie am liebsten auf den Mars oder noch besser ins nächste Universum geschleudert, doch es stimmte mich traurig. Ich wollte nicht den Grund für diese Tat sein. Ich kämpfte mit mir selber, ehe ich mir dann auf einen Schlag ganz klar war, was ich tun musste. Ich schrie nach Nina, ganz verzweifelt. Nina kam angerannt und fragte ängstlich, was Eternity hatte. Doch ich stammelte und versuchte ihr die Situation zu erklären. Nach etlichen Versuchen verstand sie mich halbwegs. Tränen liefen mir die Wangen hinunter, deren Ursprung viele Gründe waren. „Du willst als Angelika aufhalten?“ fragte Davi, die eben auch dazu gestossen ist. „Ja. Ich brauche ihre Nummer.“ „Was weisst du über sie? Name, Alter, Adresse?“ „Angelika, sie heisst Angelika.“ Schrie ich Davi an. „Ruhig Lucy.“ Ermahnte mich Nina, die den Hengst auf und ab führt. „Was weisst du noch?“ „Sie reitet gut... Ich denke sie ist ein Jockey oder so. Sie hat Blonde glatte Haare, blaue Augen, helle Haut und sie ist viel kleiner...“ ‚als Mom’ wollte ich anfügen, doch ich verstummte. Davi und Nina kannten sie gar nicht. Um mir selber aus der Patsche zu helfen, beendete ich den Satz mit „als ich.“ Denn ich war nur leicht grösser als meine Mutter. „Mmh... Schwer. Sonst noch was?“ Ich überlegte. Ach ja: „Sie hat das ‚ch’ so komisch ausgesprochen. So kratzig.“ Nina und Davi sahen sich an. „Kann das sein?“ – „Ja könnt.“ Sprachen sie in Rätsel. Ehe Davi auf ihrem Hand rum tippte. Nina erklärte mir, von wem die rede war: „Es gibt eine ehemalige Rennreiterin aus Deutschland, die Angelika heisst. Sie ist vor etwas mehr als 4 Jahren bei einem Rennen gestürzt, hat sich dabei aber Gott sei dank nicht’s schlimmes geholt. Doch sie hat danach mit dem Reiten an offiziellen Rennen aufgehört und ist in die Schweiz gezogen und hat da begonnen Vollblüter zu züchten. Sie wohnt ganz Nahe an der Grenze zu Deutschland. Es kann gut sein, dass sie den Schweizer Chuchichästli-Dialekt etwas angenommen hat, obwohl ihre Eltern und Grosseltern alle aus Deutschland stammen...“ „Ich hab’s. Schau hier Lucy.“ Davi streckte mir ihr Handy hin. Auf dem Display war ein Foto zu sehen. Es bestand kein Zweifel, es war Angelika. „Hat es da eine Nummer?“ „Wart, ich schaue.“ Davi drückte bei der Homepage auf „Kontakt“ und die Seite wurde geladen, aber nur langsam. Der Balken kroch nur im Schneckentempo dahin. Ich hielt den Atem an. Bitte, bitte lass es eine Handynummer haben, betete ich. Endlich erschien der erste Schriftzug.
Ich starte auf den Bildschirm. Zog langsam mein Handy aus meiner Tasche und tippte die Nummer ab. Es vergingen Sekunden, bis Davi einfach frech auf die grüne Taste drückte und es wählte. Es klingelte und klingelte, doch niemand nahm ab. Schlussendlich kam die Mailbox. Ich drückte auf aus. Davi nahm mir das Handy aus der Hand und wählte erneut und ermahnte mich auf die Mailbox zu sprechen. Doch aus lauter Angst, drückte ich vorher schon auf aus. Entnervt wählte Davi noch ein Mal drückte mir das Ding in die Hand und marschierte davon. Nun war ich alleine. Nina war dabei Eternity in die Box zu bringen. Bumbum, bumbum, bumbum, ich hörte mein Herzschlag ganz laut. Es war, als würde er sich mit dem gleichmässigen Klingen verbinden. Umso grösser war mein Schock, als es plötzlich aufhörte. „Vollblutzucht Sunrise, Angelika Mayer. Entschuldigung, dass sie schon 2 Mal vergebens versucht haben anzurufen, ich war gerade verhindert...“ Ich war stumm. „Hallo?“ „Ja.“ „Lucy? Cate?“ „Ich bin’s Lucy.“ Ich hörte wie Angelika tief durchatmete. „Ich wollte dir nur sagen, dass ich mir... das ich mir aus tiefstem Herzen wünschen würde, dass du..., dass du zu..., dass zu zurück kommst.“ Ich musste die Augen schliessen, die Welt drehte sich um mich. Ich setzte mich hin. Jetzt war es raus, dass, was ich wollte, aber auch doch wieder nicht wegen Mom. Niemand soll ihr Platz einnehmen, doch ich will auch nicht Dads trauriges Gesicht sehen! Am andern Ende der Leitung war es toten still. „Bitte, ich wünsche mir das von dir zu Geburtstag.“ Sagte ich und schaltete das Gerät aus. Ich hatte alles getan, was ich konnte. Mehr lag im Moment nicht drin, mehr konnte ich nicht für meinen Vater tun. Das war alles.
Es war schon später Nachmittag als ich endlich auf dem Gestüt meines Vaters auftauchte. Ein Blick auf mein Handy verriet mir das mein Vater und Cate mich viele Male angerufen haben... Ich ging die Hofeinfahrt hoch und hörte ganz leise – wegen den Pferden – den Bass der Musik. Als ich näher kam, erkannte ich das Lied „Wake me up“. Der Refrain „Wake me up when it’s all over“ passte zu 100% zu mir. Ich würde auch am Liebsten einfach warten – warten bis alles vorüber ist. Auch wenn ich wusste, dass Cate wahrscheinlich schier am Durchdrehen war. Der Song verriet mir, dass sie die Musikanlage schon am Testen war. Schon seit Wochen war sie diese Party zu unserem 18. Geburtstag am planen. Unschlüssig was ich machen sollte, lief ich hinüber zum Büro, in der Hoffnung dort irgendjemand zu treffen und die Begegnung mit Dad noch etwas heraus zu zögern. Doch es war niemand da. Also musste ich doch hinüber zur Reithalle. Ich ging hinein und es war schon mehr los als ich erwartet hatte. Cate düste ganz aufgeregt hin und her. Neben ihr eine mir noch unbekannte Person, doch ich konnte leicht erraten wer es war: Natascha, ihre ehemals beste Freundin, die kurz vor meiner Ankunft weggezogen war. Cate hatte fast einen Kopfstand gemacht, als sie hörte, dass Natascha kam, auch wenn sie viele Stunden anfahrt mit dem Zug hatte. Dann war da noch Max und weiteres Stallpersonal – darunter Ricky, welche ich mit einer Umarmung begrüsste. Es waren viele Bänke aufgebaut, ein grosses Buffet mit Essen und Getränken aller Art. Auf der andern Seite der Halle waren Platten auf den Sandboden gelegt worden als Tanzfläche. Alles war mit der Deko, von der Cate schon seit Wochen sprach, dekoriert. Ich musste kurz durchatmen und mir klar machen, dass dies auch meine Party war mit meinen Freunden. Ich hatte Chloe zwar eine Mail geschrieben, dass sie eingeladen sei und die andern auch, aber es war einfach zu weit. So hatte ich nur den ganzen Stall eingeladen. Cate und Dad waren sowieso schon eingeladen, Colin war schon seit ein paar Tagen in Deutschland wegen meinen Geburtstag und der Rest meiner Familie war entweder tot oder verstritten, dachte ich grimmig. Ich habe immer gedacht, dass ich – sobald ich bei Dad bin – endlich eine grosse Verwandtschaft haben würde. Gut ich hätte sie, aber... Meine Grosseltern hassten mein Vater. Und sonst... Nie wurde ich jemandem vorgestellt. Ich wusste nicht einmal, ob es noch weitere Personen gab. Cate stürmte auf mich zu. Machte einen Freudetanz um mich, dass ich endlich hier war, warf mir aber meine Verspätung auch gleich vor. Ich nickte und half ihr brav mit den letzten Vorbereitungen. Irgendwann stand ich dann neben Dad. Schweigend arbeiteten wir neben einander. Ich merkte, dass er Cate nicht erzählt hatte was wirklich los war. Das erste Mal hatten wir beide ein Geheimnis vor Cate. Er spielte seine Rolle gut, denn man merkte ihm fast nichts an. Irgendwann sah er mich an und fragte, ob wir beide die Pferde rein holen sollten. Ich dachte an den morgen, als er mit mir über die Pferde gesprochen hatte. Als er gesagt hatte, dass man die Pferde zu keinem Gespräch zwingen konnte, dass man ihnen nur zu verstehen geben konnte, dass man bereit war ihnen zu zuhören. Er gab mir mit dieser Frage die Entscheidung. Er bot mir an mit ihm unter vier Augen zu sprechen. Doch ich fühlte mich nicht stark genug und schüttelte den Kopf. Was sollte ich ihm sagen? Dass ich Angelika angerufen hatte? Er sah mich zwar etwas traurig an, aber liess mich dann in Ruhe. Ich war ihm unendlich dankbar dafür.
Die Zeit verging wie im Flug, schon bald waren alle da. Der Geschenketisch füllte sich immer mehr. Rechts war Cate’s Seite, links meine. Auch ich legte mein Geschenk hin. Es hatte lange Gedauert, bis ich das perfekte Geschenk für sie gefunden hatte. Doch plötzlich war es mir dann sonnenklar gewesen. Ein Anhänger für „unsere“ Kette. Genau wie ich besass Cate eine Silberkette mit ihrem Anfangsbuchstaben dran. Als ich dann im Geschäft war für einen Anhänger, gab es ein Hufeisen mit kleinen eingesetzten Steinchen. Ich nahm es und lies auf die Rückseite noch „Cate & Lucy 18 Jahre – 26.06.13“ eingravieren. Ich dachte gerade darüber nach, als mich Lisa an stupste. „Na los Lucy, geh und packe deine Geschenke aus.“ Ich sah auf und sah in die vielen erwartungsvollen Gesichter. Also stand ich auf und ging zu Cate hinüber an den Tisch. Es war Ehrensache, dass wir erst gegenseitig unsere Geschenke auspacken würden. Also nahm ich ein kleines Päckchen in die Hand, auf dem stand „für meine Kopie :D“. Ich musste lachen und konnte mich noch lebhaft an die Diskussion mit Nina, Julia und co. erinnern bei der es darum ging, wer nun wessen Doppelgänger respektive Kopie war. Als ich sah, dass Cate mein Päckchen in der Hand hielt begann ich mit dem auswickeln. Zum Vorschein kam ein kleines schwarzes Döschen. Vorsichtig öffnete ich es. Was? Mir verschlug es die Sprache. Konnte das wirklich sein? Darin lag ein kleines silbernes Hufeisen mit kleinen Steinchen drauf. Verwirrt sah ich Cate an, die denselben Gesichtsausdruck hatte wir ich. Etwas unsicher lächelten wir uns an. Fast gleichzeitig drehten wir den Anhänger um. „Lucy & Cate 18 Jahre – 26.06.13“. Der einzige Unterschied war die Reihenfolge der Namen. Jeder hatte den andern vorn hingesetzt. Ich umarmte meine Schwester und dann befestigte ich den Anhänger an meiner Kette. Es war also wirklich die Wahrheit wir hatten ein und denselben Gedanken gehabt. Ich konnte es nicht glauben! Nachdem auch noch der letzte von diesem kleinen Wunder erfahren hatte, wollte die versammelte Halle, dass wir nun endlich die andern Päckchen öffneten. Sie hatten alle verschieden Formen, Grössen und Farben. Ich wähnte eines aus und öffnete es. Darunter kam ein Umschlag hervor. Ich öffnete auch diesen. Darin befand sich eine Karte: Gutschein für eine Fahrstunde – Judith. Stimmt, ich durfte nun ja Autofahren lernen! Ich bedankte mich bei ihr und öffnete dann das nächste. Es war auch wieder ein flaches und dünnes. Auch in diesem befand sich ein Gutschein für eine Stunde, er war von Lilly. Nachdem sich auch im dritten Geschenk – von Nina – ein Gutschein befunden hatte, vermutete ich auch denselben Inhalt bei den Andern. Nur ein riesiges Geschenk verwirrte mich. Doch ich packte erst noch die andern aus, um zu sehen, ob meine Vermutung stimmte. Tatsächlich, alle hatten mir jeweils eine Stunde geschenkt. Manchmal hatte es noch eine Packung Sugus oder eine Tafel Schokolade dabei, was die Form variierte. Doch dann konnte ich mich nicht länger beherrschen und ich öffnete das grösste. Nachdem ich das Papier entfernt hatte, kam eine grosse Kartonbox zum Vorschein. Ich öffnete diesen und fand wieder ein Verpacktes Packet. Ich ries das Papier ab und was kam zum Vorschein? Ja eine Kartonschachtel. So ging das Schicht um Schicht weiter. Papier, Karton, Papier, Karton... Insgesamt waren es 9 Schichten Papier und 9 Schachteln bis ich am Ende dann bei einem weitern Gutschein ankam. Er war von Davi. Wie hätte es auch anders sein können? Dann waren alle Pakete ausgepackt. Ich war schon die ganze Zeit gespannt gewesen, was mein Vater mir schenkte, aber es schien so, also müsste ich mich noch ein wenig gedulden. Mein Vater kam zu uns und verband uns die Augen. Ich fasste schnell nach Cate Hand. Ich mochte Dunkelheit nicht, da war man so völlig ausgeliefert und mir kam in dem Moment immer meine Mutter in den Sinn. Ich spürte, wie weitere Hände nach uns griffen. Wir würden kreuz und quer – so schien es mir – durch die Halle geführt. Plötzlich merkte ich, dass wir den Sandboden verlassen hatten. Das heisst wir mussten nach draussen gegangen sein. Dann hörte ich auch das Knirschen des Kieses unter meinen Füssen. Ich stolperte. Doch die Person neben mir fing mich auf. So ging es ein ganzes Stück bis sie dann endlich stehen blieben und uns die Augenbinden wegnahmen. Als ich sah, was vor uns stand, verschlug es mir erst einmal die Sprachen. Zwei Autos! Beide waren weiss und hatten eine rote riesige Schleife auf dem Dach an der ein eben so grosser Anhänger baumelte mit unseren Namen. Das Auto mit dem Cate-Anhänger stand uns näher und sie fand schneller die Fassung wieder und stürzte drauf los. Auf der Tür des Fahrers war das Gestüt Silvermoon Logo zu sein. Es beeindruckte mich jedes Mal aufs Neue. Silvermoons Silhouette im Galopp mit wehender Mähne war einfach wunder schön. Darüber geschwungen „Gestüt Silvermoon“ darunter, sozusagen im Boden drin, stand „...wo Träume zur Wirklichkeit werden.“ Ich musste kurz die Augen schliessen. Ja, hier wurden ein grosser Teil meiner Träume zur Wirklichkeit. Ich hatte mein Dad gefunden, meine Schwester, von der ich nichts wusste, mein erstes eigenes Pferd bekommen, mein erstes Turnier geritten,... Doch nur ein Traum würde wohl nie in Erfüllung gehen. Mom wieder zu sehen. Als ich merkte, das mich alle anstarrte, weil nicht wie Cate auf das Auto zustürzte, versuchte ich meine Gedanken zu verdrängen und lief langsam los. Cate hatte schon die Seite gewechselt und stand jetzt bei der Beifahrertür. Plötzlich ertönte ein Aufschrei von ihr „Dad! Du hast das echt gemacht...!“ verwirrt sah ich sie an und auf das Bild an der Tür. Es sah dem Logo des Gestüts sehr ähnlich was die Farben betrafen, denn es war auch in Grau- und Schwarztönen gehalten. Doch anstelle von Silvermoon war da ein anderes Pferd. Es war im Trab und eine Reiterin sass drauf. Irgendwie kam mir diese Silhouette äusserst bekannt vor. Darüber stand „Das Zuhause von“. Ich verstand nicht worum es sich handelt. Max machte einen Schritt auf mich zu und klärte mich auf. Cate habe es schon als kleines Kind ungerecht gefunden, dass nur Silvermoon auf dem Logo sei und nicht Carry Me. Sie habe damals immer gesagt, dass auf ihrem Auto dann auch Carry Me sei. Nun verstand ich es. Es war das Zuhause von Carry Me und Cate. Nun ging auf mein Auto zu. Genau wie bei Cate war auf der Fahrerseite auch das Logo des Gestüts. Doch viel mehr nahm mich die andere Seite wunder. Langsam und mit angehaltenem Atem ging ich um das Auto. Auch da entdeckte ich eine andere Silhouette als die von Silvermoon. Das Pferd, das anstelle abgebildet war, hätte ich im Schlaf erkannt. Es war Madonna, kräftig und fest gebaut so wie es sich für ein Kaltblut gehörte. Sie stand da und blickte in die Kammera, während ich auf ihrem Rücken sass. Es hätte genauso gut Cate sein können, da dieser Teil der Abbildung genau gleich aus sah wie bei ihr. Neben Madonna und mir war das Brandzeichen und Logo zugleich von Tsubasa Stables zu sehen. Das „TS“ mit der Krone darüber war unverwechselbar. Ich rannte zu meinem Vater hin und umarmte ihn. „Thanks, Thanks..“ rief ich. Mein Vater drückte mich an sich. Ich war so aufgeregt, dass ich nicht einmal merkte, dass ich wieder einmal ins Englische gewechselt hatte. „Das Auto gefällt dir also? Die Aufkleber sind nur mal provisorisch, wenn du lieber keine oder andere hättest können wir das noch ändern.“ „Nein sie sind perfekt so.“ sagte ich und gab meinem Dad einen Kuss auf die Wange.
Der Abend wurde dann ganz besonders toll. Ich konnte mein Schlechtes gewissen wegen Angelika etwas vergessen. Wir assen, tanzten, machten Witze bis tief in die Nacht. Obwohl ich mich früher in London nie ganz vollständig fühlte, schon gar nicht wenn ich alleine war, brauchte ich dann gegen Mitternacht eine Pause. Seit ich wusste, dass ich ein Zwilling war und die andere Hälfte von mir gefunden hatte, fühlte ich mich komplett. Davor war ein Teil von mir immer unruhig. Alleine sein hasste ich, ich brauchte immer Leute um ich herum. Das war etwas, was ich im Internat so toll fand. Ich war fast nie allein. Ich trat in die kühle Nachtluft heraus und sah in die Stern hoch. Ich atmete tief durch und dachte an meine Mutter. Irgendwie hatte ich dann plötzlich das Gefühl, dass sie hier war. Hier um mich herum im Nichts, aber doch da. Es beruhigte mich. Langsam ging ich ohne Ziel den Kieswege entlag, als ich plötzlich etwas weiter weg an der Wand der Halle zwei Menschen entdeckte. Ich hörte die Stimme meines Vaters, verstand zwar nicht was er sagte. Dann antwortet eine höhere Frauenstimme. Angelika. Ein Stein viel mir vom Herzen. Ich verstand nur gebrochen was sie sagte, hörte aber mein Namen heraus und dann wie mein Vater antwortete: „Sie ist ein ganz besonderes Mädchen, genau wie Cate.“ Eine kleine Pause entstand ehe er weiter sprach. „Sie sehen sich so gleich, dass ich manchmal jetzt noch eine Gänsehaut bekomme, wenn ich sie sehe. Aber trotzdem...“ „...sind sie so unterschiedlich. Stimmt’s?“ „Ja. Lucy war schon immer die ruhigere und Cate die impulsive. Und sie sind so verschieden aufgewachsen... Für Cate bin ich Papa oder Papi und für Lucy bin ich Dad. Lucy’s Muttersprache ist Englisch, Deutsch hat sie erst später gelernt und natürlich in ihren ersten 3 Jahren gehört.“ „Wirklich?“ „Ja. Ich hätte sie damals nicht so einfach gehen lassen sollen. Sie hat mir so stark gefehlt und ich glaube auch Cate. Sie war nie gerne allein, suchte immer die Nähe andern.“ Nun bekam ich eine Gänsehaut. Mein Vater sprach weiter: „Ich will sie einfach nicht mehr verlieren, koste es was es wolle.“ Mein Herz krampfte sich zusammen. Einerseits war ich extrem glücklich, dass ich meinem Vater so viel bedeute, aber andererseits... Da entstand schon wieder ein Quelle für Streit. Es war still, fast ein bisschen zu lange. Ich hatte schon fast wieder Panik, als ich hörte wie sich mein Vater räusperte. „Angelika?“ „Ja.“ „Wir bekommen das doch hin oder? Denn ich will dich genauso nicht verlieren. Du bist doch nun auch ein Teil der Familie...“ Ich hatte genug gehört. Es war überhaupt nicht meine Art zu lauschen. Aber nun wusste ich, dass mein Vater und sie sich wieder vertrugen. Ich sah in den Himmel rauf und führte ein stummes Gespräch mit Mom. Angelika würde niemals für mich meine Mom werden. Würde niemals ihre Stelle einnehmen, aber das musste doch nicht bedeuten, dass mein Vater sich nicht mit ihr Treffen darf...oder? Ich lief erst einmal hinüber zum Stall, um mich dort auf eine Bank zu setzten. Ich war so sehr in meine Gedanken vertieft, dass ich die Gestalt auf der Bank erst zu spät wahrnahm. Die Person rief nach mir, mit ‚Lucy’. Das bedeutet, dass sie mich erkannt hatte obwohl Cate und ich heute gleich angezogen waren! Ich kannte sie nicht. Wie konnte das sein? Unsicher ging ich auf die Gestalt zu. Es war eine Frau im mittleren Alter. „Warum haben sie mich erkannt?“ „Du bist doch das Geburtstagskind, dass sollte man doch kennen.“ Protestierte die Frau. „Ja schon, aber...“ „Ich kenne Cate schon genug lange, dass ich merke, wer von euch beiden wer ist.“ „Darf ich fragen, wer sie sind?“ Diese Frau war ziemlich merkwürdig. „Ich bin Tatjana Sommer und wollte mich von Bounty verabschieden. Ich habe mich all die Jahre um sie gekümmert.“ Ich schluckte schwer. „Darf ich sie fragen, wie Sie dazu gekommen sind?“ „Ich kenne Max schon seit er ein kleines Kind ist, wir sind nebeneinander aufgewachsen und auch später sind wir immer im Kontakt geblieben. Max und seine Familie und ich mit meinem Mann und den Kindern bauten uns ein Doppelhaus.“ Max hatte eine Familie?! Das wusste ich ja gar nicht... Tatjana Sommer sprach weiter. „Wir lebten da bis, naja egal... Auf jeden Fall kam dann Max vor ungefähr 15 Jahren und sagte, dass er mir ein Pferd hätte. Ich lachte, weil er doch genau wusste, dass es mein sehnlichster Wunsch war, aber ich das nötige Kleingeld dafür nicht hatte. Doch er war ganz unbeirrt und meinte, dass das Pferd sowieso nicht zum Verkauf steht, sondern nur eine Pflegeperson bräuchte. Er würde die Boxenmiete bezahlen und andere Kosten, wenn es bei mir kanpp wird...“ Ich sah sie an und versuchte mir die Situation vor zu stellen. „Als ich Bounty das erste Mal sah, war sie 6 1/2 Jahre alt. Ich fragte Max nicht nach dem wo und was, ich freute mich einfach riesig. Zum einen das ich ein Pferd hatte und zum andern, dass Max wieder mit mir geredet hat. Zwei Jahre lang, habe wir uns nicht mehr gesehen oder miteinander gesprochen. Ich habe manchmal das Gefühl gehabt, dass Max dies gemacht hat, um sich sein schlechtes Gewissen wieder gut zu machen, weil ich doch alles verloren habe bei dem Unfall und er nicht... Erst viel später erzählte er mir die Wahrheit Stück für Stück.“ Den letzten Satz hörte ich nicht einmal mehr ganz. Es war das erste Mal, dass ich etwas von Max Vergangenheit erfuhr. Tatjana musst ihm sehr nahe gestanden sein, aber was war das für ein Unfall gewesen? Warum hat Max dann mit ihr 2 Jahre lang nicht gesprochen? Ich verstand die Welt nicht mehr. Wir beide schwiegen.
Irgendwann musste ich eingeschlafen sein, denn als ich das nächste Mal die Augen aufschlug, war die Sonne gerade am aufgehen und über mir lag eine Pferdedecke. War das Tatjana gewesen? Ich streckte mich und ein A5-Heftchen viel zu Boden. Ich hob es auf. Es war der Pass von Bounty. Warum hatte sie ihn hier gelassen? Ich schlug ihn auf. Und tatsächlich, als ich bei der Besitzerseite ankam, sah ich, dass meine Mutter eingetragen war. Davor war das Geburtsgestüt von ihr der Besitzer gewesen. Doch was mir am Meisten die Sprache verschlang, war die Besitzerin an dritter Stelle. Der Wechsel war am heutigen Tag dotiert. Da stand:
Lucinda Davids Jägerstrasse 8 Hofling
Ich brauchte ein paar Moment, bis ich begriff was das hiess. Die Stute gehörte mir! Ich stand auf und ging wie in Trance zu ihrer Box. Ich sah sie an, wie sie gleichmässig am Heu zupfte. Ich kannte die Stute nicht, es war einfach nur ein Ding, dass mich mit meiner Mutter verband. Viele Sachen von ihr hatte ich nicht. Ich atmete tief durch. Jetzt hatte ich noch ein Pferd mehr... Würde ich die Stute auch einmal so sehr gerne haben wie Madonna oder Tirina? Oder würde sie auf immer und ewig einfach die Stute meiner Mutter bleiben? Ich wusste es nicht. Doch plötzlich kam mir wieder in den Sinn, was Tatjana Sommer gestern gesagt hatte. Sie war gekommen, um sich von Bounty zu verabschieden. 15 Jahre hatte sie an ihrer Seite verbracht. Das war ein sehr lange Zeit. Ich hätte niemals ein Pferd einfach so wieder abgeben können. Doch rechtlich gesehen, musste sie dies tun. Ich war nun 18 Jahre alt und volljährig und somit stand mir das Erbe meiner Mutter zu. Ich sah die Stute noch einmal an. Es fühlte sich komplett falsch an, sie gehörte zu Tatjana. Ich drehte mich um und lief los. Ich wusste, dass wenn ein Mensch ihre Nummer wusste, dann Max. Ich lief die Stallgasse runter. „Max? Max?“ rief ich. „Ja, Lucy hier bin ich.“ Ich bremste ab und kam schnaufend vor ihm zu stehen. „Ich brauche dringend Tatjana Sommers Nummer.“ „Warum?“ Max Gesicht zeigte Verwirrung. „Sie war gestern hier und ...“ „Tadj war hier?“ „Ja. Kannst du mir ihre Nummer geben?“ „Okay...“ Ich merkte, dass Max zögerte. „Sie hat hier was vergessen, Bounty.“ Max sah mich nachdenklich an. „Was soll das heissen Lucy?“ „Ich will ihr die Stute nicht wegnehmen, auch wenn ich sie sehr gerne um mich hätte, weil sie meiner Mutter gehört hatte. Ich möchte zumindest, dass sie sich auch in Zukunft um sie kümmern darf. Eine Lösung wird sich schon finden. Ich will ihr mindestens die Chance geben, dass sie sich nicht ganz von ihr trennen muss.“ Max lächelte mich. „Ich bin stolz auf die Lucy.“ Ich nahm mein Handy hervor und wartete bis Max mir die Nummer diktiert hatte.
Piep, Piep, Piep.... „Tatjana Sommer.“ „Hallo hier ist Lucy.“ Sagte ich. „Morgen Lucy, habe ich gestern etwas vergessen?“ „Ja... Bounty.“
*Heute = 26. Juni 2013 *Mit meinen Granddad spreche ich Englisch, aber ich bin zu faul alles in einer Fremdsprache zu verfassen. Die Briefe sind natürlich eigentlich auch Englisch. *Aufgabe ist drin *Schicksal eher nicht... Habe ich nicht danach geschrieben. Es wären: Juni (Teil 1): FINGER WEG VON MEINEN SACHEN! & Sarkasmus hat ein neues zu Hause gefunden!– nicht vorhanden in meinen Augen Juli (Teil 2): Gott ist ein Popstar! & Geadelt ist wer schmerzen kennt, wer angst und Tod sein Handwerk nennt. – 1. Nicht und das 2. Ein ganz klein wenig, je nach dem wie man es auslegt... *Der Bericht hat 22 Seiten. Habe daraus jetzt nur 2 Teile gemacht, hoffe das wir so auch akzeptiert, auch wenn die Grenze bei 8-10 Seiten liegt...
Nr. 20 – Geburi: Sweet eigtheen
Ich schlug die Augen auf und da wusste ich schon, dass es noch sehr früh am Morgen sein musste, ohne das ich auf den Wecker sah, da die Sonnenstrahlen die dunkle Nacht noch nicht vertrieben haben. Doch zu viel ging mir durch den Kopf , als dass ich mich einfach umdrehen und weiterschlafen konnte. Heute war mein 18. Geburtstag. Ich dachte an all die vielen Geburtstage davor in London. Mom, Granddad und ich. Ich schloss die Augen und atmete tief durch. Nicht weinen!13 Feste hatten wir zusammen gefeiert. Die ersten hatte ich noch in Deutschland erlebt, doch die kamen mir so unrealistisch vor, da ich nicht einmal mehr die kleinste Erinnerung daran hatte. 16, das hatte ich noch mit Mom gefeiert und 17? Der war irgendwie untergegangen. Ich war noch nicht lange hier, der Schmerz um Mom sass noch zu stark in mir. Cate hatte zwar mit Dad ein wenig gefeiert, aber beiden war klar, dass ich damals eine Feier nicht ausgehalten hätte. Als Ausgleich sollte dieser Geburtstag unvergesslich werden. Cate plante schon wochenlang und hatte aller Hand kleiner und grössere Kleider-, Haar- und weitere Probleme. Doch ich hatte ganz anderes und viel grösseres: Würde ich den Geburtstag überhaut ohne Mom überleben? Ich zählte langsam auf 10, da die Panik in mir hoch kam. War ich jetzt - ein Jahr später - bereit dafür? Würde ich überhaupt jemals dafür bereit sein? An Schlaf war nicht mehr zu denken und so stand ich auf. Zoey sah mich verschlafen aus ihrem Körbchen heraus an, streckte sich dann aber und tapste mir hinten drein in die Küche. Es war noch alles ganz dunkel, doch die roten Zahlen auf dem Backofen leuchten mich an: 3:58! So früh? Ich legte mich aufs Sofa und versuchte wieder einzuschlafen; es klappte nicht. Eine Stunde später stand ich also wieder auf, ohne auch nur einen Moment geschlafen zu haben. Ich zog mich leise an, auf Duschen verzichte ich, damit ich meine Mitbewohnerin nicht weckte und kämmte mir mein Haar. Dann band ich sie zu einem Pferdeschwanz zusammen – meine Standartfrisur, wenn ich sie nicht offen lies. Zoey war wieder eingeschlafen und so verliess ich kurz vor halb fünf alleine das Haus. Ich holte mein Fahrrad und machte mich auf den Weg zum Stall. Wohin sonst? Die Pferde würden dösend oder grasend auf der Weide stehen. Die Temperaturen und den damit verbundenen Brämen erlaubten Weidegang nur noch in der Nacht, am späten Abend und frühen Morgen. Über den Tag hin weg standen sie in den schattigen Boxen, wo sie von den Brämen mehr oder weniger verschont blieben. Schon bald tauchte der Stall auf, da ich mit dem Fahrrad und ohne Zoey viel weniger lang brauchte. Damit ich Chica und Laska nicht begegnete und somit Nina oder/und Julie weckte, fuhr ich aussen am Hof vorbei Richtung Weiden. Die Rücken der weidenden Pferde liessen mich ruhiger werden. Der Gefühlstornado nahm ab. Ich lehnte mein Fahrrad an den Zaun und kletterte hindurch. Langsam ging ich auf meine Stuten zu. Madonna hob den Kopf, als sie mich sah und trabte auf mich zu. Auch Tirina hatte mich entdeckt, aber sie blieb wo sie war. „Guten Morgen meine Prinzessin!“ begrüsste ich die hübsche Stute. Madonna prustete mir ins Gesicht, in mir kribbelte alles vor Freunde. Das war einer der Moment, in denen ich wusste, dass ich in meinem Leben nicht die falsche Entscheidung getroffen hatte. Wäre ich nicht nach Deutschland gekommen, so hätte ich Madonna nie kennengelernt. Ich rubbelte Madonna noch einmal kräftig die Stirn und ging dann hinüber zu Tirina und plötzlich wusste ich, was ihre Aufmerksamkeit auf sich zog. Auf der Weide nebenan stand ein neues Pferd. Der Schimmel war kräftig gebaut und recht gross. Er hatte etwas von einem Noriker, aber irgendwie auch wieder nicht. Ich kraulte Tirina den Hals, doch mein Blick wanderte immer wieder hinüber zu dem neuen Pferd. Wem er wohl gehörte? Ist jemand neu hier und hat sein Pferd mitgebracht? Oder hatten ihn Nina und Julia gekauft? Es war als würde mich ein Blitz durchzucken. Wenn er den beiden gehören würde, dann stünde er vielleicht zu verkauf...? Lucy, ermahnte ich mich, du hast schon ganze 2 Pferde und wirst erst in ein paar Minuten 18 Jahre alt. Wie kannst du da auch nur an ein dritte Pferde DENKEN?! Ich strich Tirina die Mähne glatt und betrachtete sie. Sie war mir mittlerweile unheimlich wichtig geworden. Ich konnte mir ihr reden. Gut, viele würden darüber lachen und deswegen behielt ich es auch für mich alleine, aber auch Nina und Julia war schon aufgefallen wie gut wir miteinander auskamen. Julia hatte einmal so eine Bemerkung gemacht, von wegen es schien ihr als würde ich Tirina ins Ohr flüstern, was die nächste Lektion sei. Ich hatte einen riesen Schreck bekommen, als sie dies sagte, als ich mit ihr in der Halle trainiert habe. Ich sah ihre tiefschwarzen Augen an, versuchte mich nur auf sie zu konzentrieren. Mittlerweile war mir die Bild-Gefühl-Sprache von Tirina schon ganz geläufig. Wenn ich etwas auf Deutsch – oder auch Englisch – dachte, formte ich das automatisch in Bilder um.
Guten Morgen Tirina. Geht’s dir gut? Lucy, mache dir nicht jeden Tag sorgen um mich. Das Bein, das ich am Turnier angeschlagen habe, tut mir nicht mehr weh – ehrlich! Schon gut. Ich weiss ja, dass du es nur fürsorglich meinst.
Ich lehnte meinen Kopf an ihr Hals. Das andere Pferd wollte mir einfach nicht aus dem Kopf gehen und ich fühlte mich total mies gengenüber Tirina, weil ich ja eigentlich mich jetzt voll und ganz ihr widmen sollte.
Lucy? Ja, Tirina? Ich glaube du solltest heimgehen, jemand wartete auf dich. Wer? Das weiss ich nicht. Okay, ich glaube ich sollte auf dich hören. Tschüss meine Süsse. Wart schnell, da ist noch was, was ich dir sagen möchte. Mmmh...? Du brauchst dich mir gegenüber nicht schuldig zu fühlen. Aber woher weisst du...? Ich spüre alle deine Gefühle und kann alle deine Gedanken lesen, nicht nur die, die du für mich bestimmt. Es tut mir Leid Tirina, echt. Es ist nur so... Schon okay. Ich spürte ihren Atem auf meiner Wange. Geh nun, es wird schon alles klappen.
Verwirrt sah ich Tirina an. Was sollte klappen? Ich wollte sie das so gerne fragen, doch sie hatte sich abgewendet. Aus Erfahrung wusste ich, dass wir nur dann miteinander sprechen konnten, wenn sich beide öffneten. Ich hatte also keine Chance.
Immer noch über Tirinas Worte grübelnd, schob ich mein Rad zu den Ställen hoch um dann von dort mich auf den Heimweg zu machen. Plötzlich kamen zwei Hunde bellend auf mich zu geschossen. Mist, ich hätte wieder aussen rum gehen müssen. Etwas hilflos versuchte ich die Hund zum Schweigen zu bringen, damit Julia und Nina nicht aufwachten. Doch ich hatte keine Chance.
„Hallo? Ist da wer?“ hörte ich Julias Stimme durch den frühen Morgen. „Ja, ich bin’s. Lucy.“ „Ach, okay. Was machst du denn schon hier? So früh wach an deinem Geburtstag?“ „Mmh... Ja.“ „Aufgeregt? Schliesslich wird man nur einmal 18.“ „Nicht wirklich...“ ich gab mir einen Ruck. „Sag mal Julia, wer ist der grosse Schimmel neben der Stutenweide auf der meine beiden Schönheiten stehen? Habt ihr den neu?“ „Nee, der gehört uns schon lange. Das ist Orio.“ „Origami? Echt? Das kleine Fohlen von Princess?“ „Ja, hast ihn wohl schon lange nicht mehr gesehen. Kein Wunder, wir haben ja auf eine externe Fohlenweide gebracht. Du weisst ja, dass wir wollen, dass die abgesetzten Fohlen in eine Herde mit gleichaltrigen kommen. Doch damals hatten wir nur Stuten und als wir dann auch ein paar Hengste hatten, hatte Orio sich am andern Ort schon eingewöhnt...“ Ich war echt sprachlos. „Er ist einfach nur wunder, wunder schön.“ „Von mir aus kannst du ihn haben, wir wollen ihn sowieso verkaufen. Ich lege mich noch einmal auf Ohr, bis später.“ Ich nickte nur und war wie elektrisiert. Es war Orio und er war zu haben! Doch sofort verbannte ich den Gedanken wieder: 2 Pferde waren für mich genug. Woher sollte ich denn das ganze Geld für ein drittes Pferd nehmen? Ein wenig Zeit hätte ich ja schon noch, aber... Denk nicht dran, Lucy, ermahnte ich mich.
Immer noch ganz in Gedanken versunken bog ich in die Strasse ein, an welcher meine WG stand. Es war alles noch ganz ruhig, kein Wunder, schliesslich war es irgendetwas zwischen 5 und 6 Uhr in der Früh. Leise Pfiff ich vor mich hin. Ich genoss die Stille, die Einsamkeit. Es war als hätte ich noch einen Moment für mich ganz alleine, in dem ich Luft hohlen konnte für den kommenden Tag. Umso mehr erschrak ich, als ich eine Gestalt auf den Stufen vor der WG sah. Doch nach dem ersten Schock wusste ich auch schon wer es war: Colin Miller, mein Granddad. Ich stellte das Fahrrad ab und liess mich neben ihn Fallen. Konnte Tirina auch noch in die Zukunft sehen? Oder wie hatte sie das gewusst? „Happy Birthday, Lucy!“ begrüsste mich mein Grossvater. Ich streckte ihm meine Arme entgegen und liess mich in seine Umarmung fallen. Wie gut das tat. Er war zwar nur wenige Tage hier in Deutschland, aber ich fühlte mich einfach sicherer. Bei ihm hatte ich komischerweise immer das sichere Gefühl, dass er sich um alles kümmert und am Ende alles wieder gut ist. Ich wusste, das Dad auch wollte, dass er für mich diese Rolle einnahm, doch ich konnte es nicht, auch wenn ich mir Mühe gab. Diese Rolle gehörte Colin – und früher Mom. Ich drückte Granddad noch ein stück fester, um ja nicht loszuheulen. Verdammt, würde das irgendwann einmal aufhören? So als wüsste er an wen ich dachte, drückte er mich auch ganz fest und flüsterte in mein Ohr, dass sie nun bestimmt auf uns herabschaut und auf uns aufpasst. Ich wusste, dass meine Gedanken etwas unfair waren, aber ich wäre auch gerne an ihrer Stelle, schliesslich konnte sie noch auf mich hinuntersehen (auch wenn ich mir da nicht ganz so sicher war), aber ich, ich hatte nicht einmal die Möglichkeit mich von ihr zu verabschieden, sie ein letztes Mal zu sehen und mir alle Details einzuprägen. Nun kamen die Tränen. Ich genoss es förmlich an meinem Grossvater gelehnt da zu sitzen und zu weinen, es war fast so wie früher...
Als meine Tränen versiegten, legte mein Grossvater den Arm um mich. Ich vermisste schon Dad’s Geste – Kuss auf die Stirn – doch ich wusste, das mein Grossvater schon mehr als genug Gefühle zeigte, wenn man mit seinen Ellen mass und nicht mit denen von meinem Vater. Stumm sassen wir da, sahen wie die Sonne noch die letzten Teile der Nacht vertrieb und hingen unseren Gedanken nach. „Lucy?“ die Stimme meines Grossvaters tönte ganz leise und zerbrechlich. Ich sah ihn an. Er wirkte viel älter, als das ich ihn Erinnerung hatte und irgendwie auch voller Sorgen. Auf einmal wollte ich ihn beschützen. Er war es, der mich zusammen mit Mom aufgezogen hat; er war es, der für mich eine Schaukel im Apfelbaum gebaut hat; er war es gewesen, der mich zu meiner ersten Reitstunde in London gebracht hatte; er war.... „Nataly - deine Mutter - hat dir etwas hinterlassen...“ Ich war toten still. Wie würde das Gespräch weitergehen? „Du wirst heute 18 Jahre alt und somit bist du rechtlich gesehen nun im Stand das Erbe deiner Mutter zu übernehmen... Sie hatte einiges auf der Seite und eure Wohnung hat auch noch jede Menge Geld eingebracht.“ „Aber ich kann das doch nicht, wie soll ich damit nur umgehen. Granddad, echt ich glaube nicht, dass ich das Geld nehmen kann. Es war Mom’s Geld.“ Ich kämpfte mit den Tränen. Mom hätte damit sich nun schöne Sachen kaufen sollen, nicht ich. „Ich habe ein Teil davon auf dein Konto überweisen lassen, kaufe dir damit etwas Lucy. Etwas das du dir sonst nicht gekauft hättest. Etwas Besonderes. Nataly würde das bestimmt so wollen, sie es als dein Geburtstagsgeschenk von ihr an.“ Ich nickte stumm, hatte Mühe die Tränen weg zu drücken. VERDAMMTNOCHMAL, hört dieser Schmerz dann nie auf. Dieses Loch von leere, Angst und Panik, dass sie zurückgelassen hat, wird das nie aufgefüllt? Würde ich jemals wieder ohne es leben? „Wenn es okay für dich ist, dann werde ich auf den Rest noch ein bisschen aufpassen für dich.“ „Ist gut.“ Schniefte ich. Colin schwieg zwar, aber es war dieses schweigen, bevor er etwas ansprechen wollte, aber nicht wusste wie. Er legte seine Hand auf mein, blickte mir in die Augen. „Deine Mutter hat dir noch mehr hinterlassen...“ „Was?“ ich sah ihn an, da ich mir durch Colin’s Verhalten durchaus klar war, dass es sehr wichtig war. Er griff unter seine Jacke und zog eine Schachtel hervor, deren Muster schon fast vergilbt war. Verträumt strich ich darüber. Fragend sah ich meinen Grossvater an. „Deine Mutter hat mich schon, als sie mit dir – äh euch - noch schwanger war, gebeten dir diese Schachtel zu überreichen, wenn ihr was zustossen sollte und zwar zu einem passenden Zeitpunkt.“ Vorsichtig hob ich den Deckel ab. Mein Herz zog sich zusammen, denn sofort erkannte ich die Handschrift meiner Mutter. Da lag unter einer dünnen Staubschicht ein Briefumschlag mit der Aufschrift „To my little baby“. Mit zitterigen Fingern hob ich das Couvert heraus und blies den Staub weg. Ich merkte nichts mehr von meiner Umwelt, nichts mehr von Colin. Träumerisch fuhr ich den kleinen leicht schrägen, aber perfekten Buchstaben nach. Dieser Brief war für mich bestimmt und war vor mehr als 18 Jahren verfasst worden. Als wäre es rohes Ei, öffnete ich den Umschlag und zog ein hellviolettes Papier heraus.
Mein liebstes Kind
Ich hoffe, wenn du diesen Brief in den Händen haltest, ist der Schmerz nicht mehr allzu gross. Ich wünsche mir von ganzem Herzen nur das Beste für dich. Du bist im Moment zwar noch winzig kleine und ich weiss noch so gut wie nichts über dich ausser, dass es dich gibt und das genügt mir, diesen Brief zu verfassen. Ich weiss nicht wie viel du zu diesem Zeitpunkt schon über meine Mutter (und mich) erfahren hast. Ich selber habe sehr wenig über sie gewusst, ihr Name ja, aber dann auch schon fast nichts mehr, da sie bei meiner Geburt gestorben ist. Mein Vater, dein Grossvater Colin, war dabei. Ich kam einige Tage zu früh und die beiden waren ziemlich weit weg vom nächsten grösseren Krankenhaus. Colin hat es nicht geschafft, sie dort hin zu bringen und sie so vor dem Tod zu bewahren. Er hat mich alleine grossgezogen, aber den Schmerz über den Verlust hat er wohl nie überwunden, denn auf meine Fragen über meine Mutter gab er nie ausführliche Antworten. Wenn mir irgendwas zustösst – was ich nicht hoffe, aber wenn du diesen Brief liest, doch eingetroffen ist – möchte ich, dass du über deine Mutter bescheid weisst; über mich. In dieser Schachtel liegen alle meine Tagebücher. Seit ich deinen Vater kennengelernt habe, schreibe ich regelmässig. Davor gibt es nur vereinzelte Einträge, das tut mir Leid. Ich hoffe die Bücher helfen dir, auf welche Weise auch immer. Bleib Gesund und traure nicht zu lange um mich. Ich würde lieber vom Himmel aus - von wo aus ich dich so gut es geht beschütze - für jede Träne ein Lächeln sehen.
Deine Mom
Ganz plötzlich sackte ich zusammen. Das war zu viel für mich. Mein ganzer Körper zitterte und bebte. Ich weinte so stark wie ich es noch nie getan habe, obwohl ich im letzten Jahr schon manchmal gedacht hatte, dass ich nicht noch stärker heulen konnte. Ich konnte es doch. Mein Gesicht glich einem Wasserfall. Der Brief war schon ziemlich nass. Ich strich ihn glatt und packte ihn sorgfältig wieder ins Couvert. In der Schachtel lag ein Stapel A5 Hefte, die alle fein säuberlich nach der Art meiner Mutter mit Datum und Name beschriftet waren: Kindheit, 1986-1992, 1993/94, 1995/96 (Meine Geburt!) 1997/98 (meine ersten Jahre in Deutschland und die Rückkehr nach London), 1999, 2000-2003... Es waren unzählige Hefte. War ich überhaupt bereit für die Wahrheit? Wahrheit, das hatte ich gelernt, konnte nicht nur Glück bedeuten, sondern auch das Gegenteil. Panik überkam mich und ich Schluchzte laut auf. Hätte jemand mich in diesem Moment gesehen, so hätte er mich für verrückt erklärt. Denn auf meinem fällig verweinten Gesicht prangte ein Lächeln. Ich hatte die bitte meine Mutter nicht vergessen, nur gelang es mir nicht, die Tränen abzustellen. Das Lächeln, konnte ich ihr aber schenken. Ich drückte die Schachtel an mich und sah hoch in den von der Sonne ganz rot gefärbten Himmel und sprach stumm zu ihr: „I love you Mom, I miss so much.“ Krampfhaft versuchte ich die Tränen zurückzuhalten – wenigstens für einen kurzen Moment – und das Lächeln auf meinem Gesicht bei zu behalten und fügte ein stummes „Thanks!“ hinzu. Dann rollte ich mich zusammen, drückte die Schachtel fest an mich und liess meiner Sehnsucht freien lauf.
Drei Stunden später wachte ich verwirrt auf. Ich hatte geträumt, dass mein Grossvater da gewesen war und mir einen Brief von meiner Mutter gebracht hatte. Doch als mein Blick auf die verblasste Schachtel fiel, wusste ich, dass alles real war. Ich setzte mich auf und merkte, dass ich auf der Couch war und nicht in meinem Bett. Halt stopp, eigentlich sollte ich ja vor der Haustür sein. Ich stand auf. Mein Grossvater fand ich in der Küche am Tisch sitzen, vor ihm die obligatorische Tasse Kaffe, neben ihm ein Buch. Zoey lag unter dem Tisch und wedelte, als ich das Zimmer betrat. „Ausgeschlafen?“ „Ja“, ich streckte mich. „Wie bin ich eigentlich hinein gekommen?“ „Draussen wäre es viel zu kalt geworden...“ brummt mein Grossvater und widmete sich wieder seinem Buch. „Du hast mich rein getragen?!“ fragte ich entgeistert. Doch die Antwort blieb aus und so stellte ich mich hinter Colin. Die Englischen Wörter waren mit so vertrau. Ich hätte mir niemals vorstellen können, das ich jemals auf Deutsch träumen könnte oder ähnliches. Doch ich tat es. Ich war in zwei Sprachen Zuhause, wobei ich mein Englisch eigentlich nur noch beim Arbeiten im Reisebüro brauchte und natürlich mit Granddad. Es war seltsam, niemals hätte ich mir auch nur träumen lassen, mich in einem andern Land so gut zu Recht zu finden, wie in England. Doch ich tat es. Und seit dem Turnier hatte ich endlich das Gefühl, das richtige getan zu haben und hier bei meiner Family endlich angekommen zu sein. Kurzum, ich fühlte mich wohl, auch wenn ich Mom und Colin vermisste, auch sie waren meine Familie, wobei ich nur einen der beiden in England noch antraf... Mein Blick wanderte zur Uhr und ich erschrak, in 14 Minuten waren wir mit Dad und Cate bei ihnen auf dem Hof verabredet. Also machten wir uns auf den Weg, der dank Colin’s Mietwagen nur knapp 8 Minuten dauerte. Als wir durch das Tor des Gestüt Silvermoon fuhren, lächelte ich. Hier war mein zweites Zuhause. Unauffällig sah ich zu Granddad rüber. Während seines Deutschlandaufenthaltes war er nie mit hier her gekommen. Er hatte sich zwar einige Male mit Cate getroffen und wenn Dad Zeit hatte auch mit ihm verabredet, doch immer ausserhalb des Anwesens. Warum wohl? Schoss es mir durch den Kopf. Colin parkte den Wagen auf dem Parkplatz neben den andern Autos. Erst da bemerkte ich, dass seine Hände zitterten und er eine Träne auf der Wange hatte. Behutsam legte ich meine Hand auf seine. Erst da wurde mir so richtig bewusst, was meine Entscheidung für ihn bewirkt hatte. Seine ältere Schwester war noch vor Moms Geburt mit ihrem Mann nach Amerika ausgewandert. Zwei der drei Söhne seines Onkels waren im 2. Weltkrieg umgekommen. Archie, der überlebende Sohn, seine Frau Ivy und deren Sohn Joe waren soweit ich wusste, die einzigen Verwandten von Colin, die in England wohnten und noch lebten. Doch auch sie hatten ihr Haus nicht gerade in derselben Gegend und so waren die Besuche selten. Es muss meinen Granddad hart getroffen haben, als seine Frau starb und dann noch härter als dann auch noch seine einzige Tochter verlor. Ich war die einzige Person, die er noch in seiner Nähe hatte und insgeheim rechnete ich es ihm hoch an, dass er mich ziehen liess und mich mit meinen Plänen nicht aufhielt. Auf einen schlag war er alleine. Ich atmete tief durch, so hatte ich das noch nie betrachtet. Ich sah mein Grossvater von der Seite an. Gab ihm aus einem Impuls heraus einen Kuss auf die Wange, was ich sonst nie tat und sagte ihm, dass ich schon mal im Stall nach meinem Vater sehen würde. Er solle kommen, wenn er bereit wäre. Ich öffnete die Tür und stieg aus. Das Kies unter meinen Sohlen knirschte laut.
„Guten Morgen Lucy! Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag.“ „Morgen Max, danke!“ rief ich zurück. „Dein Vater ist im Hengststall.“ Ich nickte und machte mich auf den Weg dahin. Als ich die Stallgasse betrat, erinnerte ich mich plötzlich an meinen ersten Besuch hier. Damals habe ich mich nicht wirklich zurechtgefunden, geschweige den jedes einzelne Pferd meines Vaters beim seinem Namen gekannt. Doch nun war es für mich das selbstverständlichste der Welt. Ruhig ging ich durch die Gasse zur letzten Box, der Box von Silvermoon. Als ich näher kam, hörte ich die Stimme meines Vaters. „Guten Morgen mein grosser“, sprach er auf Silver ein. Langsam und leise, damit ich die beiden nicht störte, ging ich auf die Box zu. Jedes Mal, wenn ich Dad mit Silver sah, war ich wie magisch angezogen. Das Vertrauen zwischen den beiden berührte mich jetzt noch zu tiefst im Herzen. Ich stand gegenüber der Boxentür und sah hinein. Dad hatte mir den Rücken zugewendet und konzentrierte sich ganz auf Silver. Seine Hand ruhte auf dessen Hals. Silver sah mein Vater auch an, die beiden bildeten eine Einheit, ein Band. Es war als wäre eine magisch Verbindung... Das konnte doch nicht wahr sein? Ging ich da mit meinen Gedanken zu weit? Konnte es sein, dass Dad mit Silver sprechen konnte, so wie ich mit Tirina? „Happy Birthday Lucy!“ hörte ich meinen Vater sagen. Ich erstarrte, er hatte sich nicht umgedreht, von wo wusste er, dass ich ihr war? „Thanks, but...“ setzte ich an. Mein Vater drehte sich um. „Manches weiss ich einfach.“ Sagte er etwas zu abrupt und dann setzte er noch lachend in einem Versöhnlichen Tonfall an: „Musst nicht gleich vor Schreck ins Englische wechseln, Deutsch ist mir lieber.“ „Hopla“ Ich nagte auf meiner Lippe. Sollte ich das Thema ansprechen? Silver, der könnte mich gesehen haben und da Dad seine Gedanken lesen kann, könnte er auch wissen, dass ich da war. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen. „Silver war’s stimmt’s?“ Nun war es Dad, dem es die Sprache verschlug. Er sah Silver an, dann mich, wieder Silver und schlussendlich blieben sein Blick auf mir liegen. „Ja“, sagte er ganz ruhig, liess mich aber nicht aus seinen Augen. Ich nickte, wusste nicht was sagen. Nach einigen Sekunden stille, flüsterte ich: „Ich kann es auch, das Sprechen mit den Pferden mit Bildern und Gefühlen.“ Mein Vater schloss die Augen, eher er mich ganz fest umarmte. Es fühlte sich gut an meinen Kopf an seien Brust zu legen. Wir verharrten eine ganze Weile so, ehe er mich in Silvermoons Box zog. Dort lehnte er sich an die Wand und liess sich daran entlang auf den Boden gleiten. Ich setzte mich neben ihn. Silver kam und blies meinem Vater ins Gesicht. Die beiden sahen sich fest in die Augen. Es war ein ganz besonderer Moment, dass eine war, die Tatsache, dass ich es konnte, aber es war dann nochmals etwas ganz anderes, wenn man zusah. Nach einer Weile wendete sich Silvermoon ab und seinem Heunetz zu. Dad legte seinen Arm um mich und wartete ab. Wie Tirina dachte ich, sie spricht auch nur mit mir, wenn ich es auch will, wenn ich den Anfang mache. Natürlich war es manchmal auch ich, die darauf wartete, dass Tirina den Anfang machte. „Dad, warum können wir beiden mir Silver und Tirina sprechen?“ „Jeder kann das mit jedem Pferd, mein Schatz.“ „Aber warum...? Ich kann’s ja auch nicht mit Madonna.“ „Du gibt ihr nicht die Möglichkeit dazu.“ „Wie meinst du das?“ „Es ist die Sprache der Pferde. Wenn sich der Mensch einem Pferd öffnete und ihm zeigt, dass er bereit ist, ihm zu zuhören, wenn es das auch ist, dann klappt’s. Aber man kann es niemals erzwingen.“ „Wie kann es dann sein, das Tirina mit mir einfach so gesprochen hat?“ „Erzähl mir vom ersten Mal.“ „Ich war bei ihr auf der Weide, hatte sie noch nicht all zu lange. Ich wollte ihr zeigen, das sich keine Bösen Absichten hatte. Ich wollte sie meine ganze Liebe spüren lassen und ihr zeigen, dass ich auf sie Rücksicht nahm, ihr Tempo ging. Ich war da bei ihr, sah sie an und versuchte mir vorzustellen, wie Tirina wohl als Fohlen ausgesehen hatte. Da plötzlich sah ich Bilder, in denen es so war, als wäre ich sie...“ Mein Vater nickte. „Du hast dich ihr gegenüber geöffnet, ihr zu verstehen gegeben, das du auf sie eingehst, gewissermassen bereit bis ihr zu zuhören. Besonders Pferde, die wenig Kontakt mit andern haben – aus welchem Grund auch immer – und schlimmes und turbulentes erlebt haben, dass sie nicht ganz verstehen und noch verarbeiten müssen, öffnen sich schneller dem Menschen und lassen ihn in ihre Gedankenwelt eintauchen.“ „Ja, Tirina hat sich vor andern Pferden am Anfang gefürchtet.“ „Hat sie dir erzählt was passiert ist?“ „Nein, nur die Fohlengeschichte hat sie mir gezeigt und dass sie Sammy kennt.“ „Frag sie einmal, was geschehen ist. Wahrscheinlich möchte sie schon drüber reden, vielleicht aber auch nicht, dann musst du das aber auch akzeptieren.“ „Ja, es geht nur wenn beide wollen.“ „Genau.“ Wir schwiegen beide. Keiner sagte etwas. Jeder hin seinen Gedanken nach. „Und du Dad? Wie bist du drauf gekommen, dass du mit Silver sprechen kannst?“ „Du weisst, dass seine Mutter kurz nach seiner Geburt gestorben ist...?“ Musste heute eigentlich immer die Rede vom Sterben sein? Ich nickte, damit mein Vater weiter sprach. „Na gut, ich habe ihn dann gerettet und wollte ihn mit der Flasche aufziehen. Seine Besitzer hatten ihn schon aufgegeben. Ich wusste zwar welche super Abstammung er hatte, doch das war mir in diesem Moment egal. Ich wollte dem hilflosen Fohlen helfen, dass die Welt nicht mehr verstand und ständig nach seiner Mutter rief.“ „Und du hast dich mit Silver beschäftigt und ihm gezeigt, dass du für ihn da bist, oder?“ „Ja ich liess ihn meine ganze Liebe spüren, ich dachte, dass es das einzige war, was den Schmerz etwas lindern konnte. Silvermoon war so verzweifelt, dass er mir bei der erst besten Möglichkeit seine Gedanken zeigte. Ich versuchte ihm so gut es ging, zu zeigen, dass seine Mutter tot ist und nicht mehr wieder kam und ich für ihn sorgen würde. Er verstand nun, weshalb seine Mutter nicht mehr kam und wurde um einiges ruhiger. Aber auch wenn er keine so brennende Frage mehr hatte, redeten wir fast jeden Tag miteinander – auch heute noch.“ „Wow.“ „Du kannst dich glücklich schätzen, zu denen zu gehören, die das auch erleben können.“ „Ja. Hast du jemals mit einem andern Pferd gesprochen?“ „Ja mit vielen... Ich kann mit allen Pferden sprechen, die auch mit mir sprechen wollen, genau wie du.“ „Ich glaube nicht, dass ich das kann.“ „Klar kannst du das. Manche Pferde brauchen länger, bis sie bereit sind, sich auch mit Menschen zu unterhalten, aber wenn es einmal so weit ist, dann klappt es. Es liegt nicht an dir, solange du dich vollkommen öffnest. Versuche es doch einmal mit Silver.“ Meinte Dad aufmunternd. Etwas unschlüssig sah ich ihn an. Sollte ich es versuchen. Doch dann sah ich auch schon in Silvermoon’s Augen. Ich konzentrierte mich auf ihn, schenkte ihm all meine Liebe und versuchte ihm zu sagen, dass ich ihm zuhören würde, wenn er sprechen wollte. Es vergingen einige Moment, bis sich dann aber plötzlich so eine Art Kribbeln um mich herum wahr nahm und im nächsten Moment sah ich auch schon ein Bild, dass ich zu gut kannte. Cate und ich als Dreijährige auf seinem Rücken.
Bist das du? Ja. Gut, dass du zurück bist, dein Vater war ganz schön traurig und hat viel an dich gedacht. Ich wusste nichts von ihm und Cate, meine Mom hat mir nie davon erzählt, bevor sie gestorben ist. Es tut mir Leid für euch beide, ich hoffe der Schmerz ist nicht all zu gross und du kannst stattdessen in deinem Herz Platz für viele schöne Erinnerungen machen... Danke, du weisst ja wie das ist. Ja, das haben wir gemeinsam. Ja...
Ich strich dem Hengst über die Nüstern, ehe ich die Verbindung auflöste. Ich wusste nicht was ich fühlte, nicht was ich sagen soll. Mein Kopf war leer, doch ich spürte das Gefühl der Ruhe, der Ausgeglichenheit. Ich war nicht alleine mit meinen Problemen, wenn ich bereit war darüber zu sprechen, dann habe ich die Gelegenheit; sei das nun Silver, Tirina, Dad, Granddad, Cate... Cate! Konnte sie das auch? Ich fragte meinen Vater, doch er verneinte mir dies. Er hätte zwar im Internet darüber recherchiert, ob es weitere Personen gab mit den selben Fähigkeiten. Doch getroffen hätte er noch nie jemand, der es auch kann. Nur eine Person wisse es, dass er es könne nebst mir. Wer das war, wusste ich: Max. Nun wusste ich auch was er mit seinem Kommentar „Du kannst es also auch“ am Turnier gemeint hatte. Wie ein Puzzlestück nach dem andern setzte sich das Puzzle meines Lebens zusammen. Ich wusste, dass es noch lange nicht vollständig war, aber ich war jetzt an diesem Punkt angelangt, an dem die Teilchen schon eine gewisse Ordnung hatten und das Bild erahnt werden kann. Aber vollständig ist es noch lange nicht...
Cate stürmte den Stall entlang und sprang mich förmlich an. Sie jubelte, während sie um mich herum stürmte und mein Name schrie. Ich packte ihre Arme und hielt sie fest und ermahnte sie, sich zu beruhigen. Doch das konnte ich vergessen und das war mir auch weitaus klar. Schlussendliche liess ich mich von ihrer Freude anstecken. Wir tanzten in der Stallgasse ausgelassen und trällerten dazu ein „Happy Birthday to you“. Ich merkte, dass ich ein lächeln im Gesicht hatte und dachte an Mom. Ich atmete einmal Tief durch und dann umarmte ich Cate fest. Sie wusste nicht woher mein spontaner Anfall kam, aber liess es einfach zu. Doch plötzlich spannte sich die Stimmung an. Ich löste mich von meiner Schwester und sah in Dads Gesicht, das verunsichert wirkte. Und noch bevor ich mich umdrehte, wusste ich wer hinter mir stand: Colin. Meine Schwester schien die Anspannung nicht zu merken, denn sie stürmte auf Graddad zu und umarmte ihn. Es gab mir einen kleinen Stich ins Herz. Ich würde das auch gerne tun, wusste aber, dass es überhaupt nichts Graddad Art war und wollte seine Gefühle nicht verletzten. Doch ich konnte Cate einfach nicht beibringen, dass nicht alle seine Gefühle so ausdrückten wie Dad. Gut er kann sie sehr gut verstecken, aber wenn er sie zeigt, dann stark. Und dann geschah etwas, dass ich nicht von Colin erwartet hätte: Er streckte den einen Arm nach mir aus. Glücklich liess ich mich in seine Umarmung fallen. Als ich zwischen Cate und Colin gedrückt würde, hüfte mein Herz vor Freude.
Danach hatten wir den Stall verlassen, der mit jeder Minute mehr zum Leben erwachte. Als wir das Grundstück mit Dad’s Haus betraten, hatte ich nicht das Gefühl, dass es das Haus eines andern war, sondern es war das Haus von meiner Familie. Von uns. Der Tisch war draussen gedackt. Der Garten reichte bis an die Koppel auf der Carry Me, Faro und Sky graste. Doch links und rechts waren weitere Einfamilienhäuser. Das Haus stand somit in Sonntal aber irgendwie doch auf dem Gestüt... Ich liess mich auf „meinen“ Stuhl fallen – mittlerweile hatte ich meinen festen Stammplatz. In diesem Moment viel mein Blick auf einen Umschlag, den 2. Heute. Cate hatte auch einen bei ihrem Platz. Ich war versteinert, denn ich er kannte die Schrift. Doch ich sah, dass Cate sie nicht erkannte. Wie auch? Granddad räusperte sich. „Eure Mutter hatte immer Angst davor, euch nicht genug Mutter zu sein.“ Sein Deutsch war holperig, doch er gab sich Mühe. Ich war mächtig stolz auf ihn, denn soweit ich wusste, sprach er nicht wirklich Deutsch. Zumindest hatte ich ihn noch nie deutsch sprechen hören. „Ihre Mutter ist bei ihrer Geburt gestorben und ich glaube, dass sie ihr fehlte. Stark.“ Cate schloss ihre Augen. Granddad sprach weiter: „ Und deswegen hat sie Briefe geschrieben - für dich und Lucy - für den Fall, dass ihr was passiert, dass ihr etwas von ihr habt. Als sie mit Lucy ging, wurde ihr erst ungefähr ein Jahr später klar, dass du nun auch ohne Mutter bist... Aber sie hatte fest vor, dir den Brief zum 18. Geburtstag zu senden, auch wenn ihr nichts zustösst.“ Ich sah wie Cate verlegen die Augen senkte. Waren das Tränen? Ich sah, wie sie zitterig den Brief in die Hand nahm und ihn lange betrachtet. Dann nahm sie ihn und ging hinüber zu Carry Me. Sie sagte kein Wort. Ich konnte die Anspannung in Dad und Colins Gesicht sehen. Ich bis mir auf die Lippen. Ich sah wie meine Schwester zu ihrer Stute ging und ihr den Brief zeigte. Es verging Sekunde um Sekunde, Minute um Minute, ehe sie sich ins Grass fallen liess. Ich sah sie gegen die Sonne, mir den Rücken zugewandt, dasitzen mit dem Brief in der Hand. Ich drehte mich um, nahm meinen in die Hand und öffnete ihn ebenfalls.
Liebe Lucy (oder würdest du lieber mit deinem vollständigen Namen angesprochen werden, Lucinda?)
Wenn du diesen Brief liest, bist du schon 18 Jahre auf dieser Erde. Herzlichen Glückwunsch! Auch wenn ich kein Happy Birthday für dich singen kann, ich bin hier, du musst nur Ausschau nach mir halten. Ich wünsche mir von Herzen für dich, dass du glücklich bist und wünsche dir viel Kraft für dein zukünftiges Leben. Lauf niemals vor deinen Problemen davon, sondern sehe ihnen ins Auge. Leider habe ich das erst viel zu spät realisiert, als ich es nicht mehr rückgängig machen konnte. Ich wünsche mir aber, dass du nicht die gleichen Fehler machst wie ich. Ich wünschte, ich könnte alles ungeschehen machen... Ich war nicht genug stark, aber du bist das, das warst du schon als ganz kleines Kind. Dein Vater, Tim Davids, lebt in Deutschland höchst wahrscheinlich noch auf dem Gestüt Silvermoon in Sonntal – sein Traum. Und da lebt auch deine Schwester: Cathrine Davids geboren am 26. Juni 1995. Ja, ihr seid Zwillinge. Bitte verzeih mir, dass ich dir nie von ihr erzählt habe. Ich hatte die Kraft für ein Treffen nicht. Aber ich stehe dir bei, so gut es eben geht, auf der Suche nach ihr. Flieg los, mein Engel, such deine Familie.
In liebe deine Mutter
Ich liess den Brief sinken. Die Tränen liefen mir über das Gesicht. Ja, Dad und Cate waren meine Familie. Aber Mom doch auch! Klar, je länger ich hier war, sah ich wie verkorkst meine Familie in London war. In wie viele Lügen ich gross geworden war. Ich sah meine Mutter nun aus 2 Seiten. Als liebevolle Mutter, die mich vor allem Beschütz hat, aber auch als die Frau, die ihren Mann verlassen hatte und nicht genügend Kraft besass, ihm gegenüber zu treten, damit ich Cate und ihn kennen lernen konnte. Ich drückte den Brief an meine Brust. Und als ich wieder zur Weide hinüber blickte, sah ich nur noch wie Cate auf Carry Me davon ritt. Wortlos sah ich auf zu Colin und Dad. Was nun? Fragte ich mit meinem Blick. Die beiden sahen mich an und ich wusste, was sie wollten. Ich sollte meine Schwester suchen gehen. Doch ich hatte kein Pferd da. In diesem Moment kam Max auf das Haus zu. An seinem Blick an, sah ich, das er die Situation miterlebt hatte. „Eigentlich wollte ich es euch nicht in diesem Moment sagen, Tim und Lucy. Aber ich habe Bounty wieder auf den Hof geholt. Sie ist eben angekommen.“ Ich merkte, wie Dad die Luft einsog. „Lucy du könnest mit ihr nach Cate suchen gehen, bis du auf Tsubasa Madonna oder Tirina geholt hast, ist sie schon zulange weg.“ Ich nickte und liess meine restliche Familie wortlos zurück. Heute geschah einfach zu viel auf einmal. Als wir uns einige Meter vom Haus entfernt hatten, ging ich neben Max her. „Warum hast du das getan?“ „Für euch. Für Tim und dich.“ „Warum?“ „Ich habe Tim die Stute weggenommen und ich habe dir schon einmal gesagt, dass ich mich nicht sicher war, ob es die richtige Lösung war... So könnt ihr nun entscheiden, was mit ihr passiert. Und natürlich auch für dich. Ich denke, dass sie dir helfen kann über den Verlust hinwegzukommen.“ „Woher... Warum weisst du, dass ich sie noch so stark vermisse?“ „Als du kamst, da hat man es dir aus dem Gesicht lesen können. Nun kann man es nicht mehr auf den 1. Blick erkennen, aber ich kenne dich und Cate zu gut, um zu wissen, dass du noch nicht drüber hinweg bist.“ „Ich kann doch Mom nicht einfach vergessen!!“ „Das verlange ich auch nicht.“ „Doch.“ „Ich verlange nur, dass du sie loslässt.“ Sagte Max und liess mich stehen.
Als ich auf den Hof kam, war Bounty gesattelt vor dem Stall angebunden. Neben ihr das Zaumzeug. Max war nirgends zu sehen. Ich begrüsste die Stute und vergrub mein Gesicht in ihr Fell. Ich weinte um Mom. Max hatte Recht, ich musste Mom loslassen, was nicht bedeutet, dass ich sie vergesse. Das Problem war nur, dass dann alles so real wird. Das sie dann endgültig nie mehr kommt...
Nachdem ich kreuz und quer durch den Wald geritten war, hatte ich Cate nach einer Stunde endlich gefunden. „Hau ab, Lucy!“ schrie sie mir entgegen. Ich liess meinen verwirrten Gefühlen freien lauf und schrie Cate auch an: „Was habe ich dir getan?“ „Du!... Du konntest mit sie kennenlernen und mit ihr zusammen leben!“ „Kann ich etwas dafür das ICH damals mit nach London genommen wurde?!“ „Trotzdem, hau ab. Du hast bei ihr Leben dürfen, sie kennen lernen... „Hör mir mal genau zu. Ich bin nicht an ihrem Tod schuld! Ich kann nichts dafür, dass irgend so ein Hirnloser Idiot betrunken in ihr Auto gekracht ist. Ich kann nichts dafür, dass...!“ Ich konnte nicht mehr reden. Ich war wütend auf Cate wütend auf die ganze Welt. Ich konnte nicht mehr, liess mich ins Gras fallen und weinte.
Ich weiss nicht wie und warum, aber nach einiger Zeit sass Cate plötzlich neben mir und wir heulten zusammen. Ich zitterte innerlich und klammerte mich krampfhaft an meine Schwester, damit ich nicht ganz den Boden verlor.
Vielleicht waren nur 30 Minuten, vielleicht auch 30 Stunden vergangen, ehe wir uns etwas beruhigt hatten. Cate fand die Sprache zuerst wieder: „Ich hätte sie doch nur gerne kennengelernt. Sie hat mir mein ganzes Leben gefehlt, auch wenn Dad sich alle Mühe gemacht hat und mir gezeigt hat, dass wir auch zusammen gut auskamen. Und Max war auch immer für mich da... Trotzdem vermisse ich sie. Eine Person, die ich nie kennengelernt habe.“ „Doch hast du: In deinen ersten Lebensjahren.“ „Aber ich kann mich nicht an sie erinnern. Wie war sie?“ „Mom... Mom war einfach Mom. Mal hier mal dort, immer ganz in ihre Arbeit vertieft. Sie hat Hotel für Reisebüros getestet, Berichte darüber für Magazine geschrieben... Sie hat das Reisen geliebt. Aber vielleicht hat sie sich auch hinter der ganzen Arbeit vor der Realität versteckt. Im Brief, den sie mir geschrieben hat, steht, dass sie sich nicht stark genug gefühlt hat.“ Ich verstummt. Was ich eben gerade sagte, habe ich davor noch nie so gedacht. „Für mich war sie immer eine gute Mutter. Klar manchmal hat es Streit gegen, meistens wegen dem Reiten. Ich wollte immer zu den Pferden... Colin hat mich dann eines Tages zu einer Reitstunde mitgenommen, als Mom wieder einmal auf Reisen war. Das Dad dahinter gesteckte, habe ich erst jetzt erfahren. Granddad musste halt zu seiner Tochter halten, kannte aber auch meinen Wunsch. Dad hat einmal versucht mich in London zu besuchen, aber meine Mutter hat ihn abgewimmelt, ich selber habe gesagt, dass ich nicht aus dem Zimmer kommen wollte, bevor ich reiten darf. Das hat er gehört und hat dann ohne mich gesehen zu haben, von Deutschland aus mir diesen Wunsch zu erfüllen versucht...“ ich sah ihn die Ferne. „Und dann?“ „Colin hat Dad’s Bitte ausgeführt als Mom einmal weg war. Es war unser Geheimnis. Das leben war schön. Als dann Mom eine andere Stelle bekam und so mehr reisen musste, habe ich mich entschlossen aufs Internat zu gehen. Ich lernte Chloe kennen, die ihr Hobby fast öfters wechselte als ihre Socken. Das einzige was sie mehr als ein paar Monate durchgezogen hat, war das Tanzen gewesen. 2 Jahre lang sind wir ins Tanzen gegangen und am Wochenende ging ich reiten. Irgendwann hat Granddad Mom bescheid gesagt. Sie hat es nie gutgeheissen und ist nie mit gekommen, doch hat es mir auch nicht ausdrücklich verboten.“ Ich seufzte, ich hatte so viele Erinnerungen an sie. „Sie war immer so voller Energie, oftmals mit einem Lächeln auf dem Gesicht. Sie war nicht eine klassische Mutter, sondern man konnte mit ihr Herumalbern, solange man gewisse Themen nicht ansprach. Alles was mit Pferden und so zu tun hatte, also alles was mit Dad zusammenhingt, was ich aber damals nicht wusste. Aber sie brauchte auch immer mal wieder ihre Ruhe und dann durfte man sie nicht stören, sonst bekam man ihre Wut zu spüren...“ „Genau wie Dad. Er ist ganz gut drauf, ausser bei den Tabuthemen, von denen die meisten nun keine mehr sind.“ „Ja. Wenn du willst kann ich dir einmal Fotos zeigen von ihr und mir. Also von meiner Zeit in London.“ „Gerne.“ Wir sahen beide auf einen bestimmten Punkt in der Ferne. Ehe wir auf unserer Pferde stiegen und im Schritt losritten. „Lucy?“ „Ja?“ „Ich weiss nicht was genau zwischen unsern Eltern vorgefallen ist, aber kannst du mir versprechen, dass wenn wir uns irgendwann verkrachen werden, dass wir die Grösse haben, nicht andere Menschen da rein zu ziehen?“ „Du meinst unseren Mitmenschen zu erlauben den andern zu besuchen und so...?“ „Ja, genau. So das unsere Familie nicht wieder auseinander fliegt.“ „Das kann ich dir versprechen, Cate. Und ich verspreche dir auch, dass wir den Problemen im Streitfall einfach ins Auge sehen und aus der Welt schaffen. Ich will dich nicht mehr verlieren.“ „Ich auch nicht. Nichts wird zwischen uns stehen können.“ „Nein. Galoppieren wir?“ „Ja.“
Wir liessen unsere Pferde anspringen und jagten neben einander den Sandweg entlang. Ich nahm die Zügel in eine Hand und streckte die andere Cate Hand entgegen. Cate erfasste meine und so folgen wir den Weg entlang. Plötzlich kam mir ein Lied, dass ich letztens im Radio gehört hatte in den Sinn. Erst summte ich die Melodie nur vor mich her, doch dann trällerte ich die ersten beiden Zeilen des Refrain laut los:
So no one can catch us, nothing can change this
(Niemand kann uns fangen, Nichts kann das hier ändern)
Cate tat es mir gleich, zusammen brüllten wir den Songtext in den Wald hinaus und ich fühlte mich gut. Zufrieden und genau am Richtigen Ort auf der Welt.
(So no one can catch us, nothing can change this) covered in stardust things so glowing jumping off the edge reaching for the moon living everyday things all go like: oohhooo oho oho oho oho oohhooo (3x) ... ... ... ...
Endlich, ich habe einen mehr oder weniger guten Abschluss für meinen nächsten Bericht gefunden, der nun 22 Seiten hat. ;D
Lade ihn demnächst hoch, muss ihn aber noch auf Fehler kontrollieren.
"Essen" schrie ich, wobei ich dann meine verdreckte Reithose ansah... "Meint ihr wir können so im Reiterstübchen aufkreuzen oder müssen wir noch zuerst etwas sauberes anziehen?"
Also ich habe am Anfang mich auch nicht getraut sofort auf die Inserate zu antworten. Jetzt schreibe ich meistens kurz wie ich heiss und ob ich vielleicht noch mehr Informationen haben könnte im Gegenzug würde ich dann auch mehr über mich schreiben. Dann siehst du gerade, ob die RB nicht schon vergeben ist und ob es sich überhaupt lohnt die Eltern zu überzeugen. :D
Auch ich brachte meine beiden Stuten in ihre Gastboxen. Madonna knabberte sofort am Stroh während Tirina den Wassereimer leerte. Ich fühlte ihn auf und als ich dann wieder zu Madonna kam war auch ihrer leer. Dann ging ich hinüber zum Heuballen und nahm mir 2 Portionen Heu für meine beiden mit. Ein Heunetz hatte ich nicht dabei und so legte ich es einfach in eine Ecke der Box.