Ich sterbe vor Angst, als ich das Behandlungszimmer betrete. Fast 3 Stunden hatten die Doktoren an meiner Cassy herum gewerkelt und nun durfte ich sie endlich wieder in meine Arme nehmen, nachdem sie fast eine halbe Nacht ihre Narkose ausgeschlafen hat. Ich habe die ganze Nacht geweint aus Angst um mein kleines Mädchen. Vorsichtig gucke ich durch die Tür bevor ich ganz eintrete. Glenn musste seiner Tante beim Streichen weiterhelfen, also ist Bernie als seelische Unterstützung mitgekommen. Gerade als wir reinschauen, legt eine Helferin Cassy auf dem Untersuchungstisch ab. Ich gehe langsam zu ihr hin und sie blinzelt mich treu an. Am liebsten hätte ich sie jetzt hochgehoben und feste gedrückt und ihr gesagt, wie böse sie denn sein kann, einfach wegzulaufen. Doch ich kann sie nicht hochheben, denn ihr linkes Hinterbein steckt in einem langen Gips und um den Bauch hat sie einen langen Verband. Also streiche ich ihr nur sanft über den flauschigen Pelz und muss mich damit begnügen. Bernie steht neben mir und krault Cassy unter dem Kinn was ihre Lieblings Kraulstelle ist. Cassy schaut uns an, als ob sie fragen will, wann wir denn nach Hause fahren. In dem Moment tritt der Doktor ein und stellt sich zu uns: ,, Sind sie Frau Jeams?“ ,, Ja, das bin ich. Was hat Cassy den?“ Ich schaue ihn mit flehenden Augen an, in der Hoffnung es ist nichts schwerwiegendes. ,, Sie hat das linke Hinterbein angebrochen und ein Macke am Bauch, aber nichts sehr großes.“ Ich bin so froh, dass ich beinahe umgekippt wäre, hätte Bernie mich nicht gehalten. ,, Also kann ich sie wieder mit nach Hause nehmen?“ ,, Ja, allerdings soll sie sich noch schonen und am besten lassen sie sie nicht raus.“,, Das wird ihr gar nicht gefallen“ murmelt Bernie, der weiß das Cassy am liebsten draußen spielt. Ich murmle zustimmend, aber ich bin trotzdem froh, das Cassy nichts Ernstes hat. Die Assistentin kam mit einem Transportkorb wieder herein und wir legen Cassy vorsichtig um. Sie zuckt einmal kurz doch den Rest erträgt sie geduldig. Bernie nimmt den Korb und geht so unerschütterlich wie möglich. Kurz bevor ich hinter ihm her gehe, drehe ich mich noch einmal um und werfe mich dem Arzt um den Hals. Allerdings war dieser so groß, das ich ihn eher um den Bauch umarme. ,, Danke dass sie sie wieder heil gemacht haben. Sie wissen gar nicht, wie viel mir das kleine Mädchen bedeutet.“ ,, Ist schon gut, junges Fräulein“, sagt er. Ich lasse ihn los und laufe schnell hinter Bernie zum Auto her. Bernie setzt mir den Korb auf den Schoß(Wir hatten uns das Auto von Glenn geliehen, nachdem wir ihn zu seiner Tante gebracht hatten) und versucht so gut wie möglich die Ruckelfahrt auszugleichen. Nach zehn Minuten, die mir wie mehrere Stunden vorkommen, halten wir vor meinem Haus. Bernie steigt zuerst aus und nimmt den Korb mit der verletzten Patientin, dann krabble auch ich aus dem Auto und schließe die Tür auf. Bernie stellt Cassy im Wohnzimmer ab und kommt dann in die Küche, welche ich schon betreten habe. Ich nehme einen Topf aus dem Schrank und hole die Spaghetti aus einem anderen. ,, Tut mir Leid, aber ich habe leider keine Soße für die Spaghetti.“ , sage ich bedauernd zu Bernie. ,, Ach, ist ja nicht schlimm. Warte, ich passe auf das die Nudeln nicht überkochen und du kannst Cassy aus dem Korb befreien.“ Ich blicke ihn dankbar an und gehe dann ins Wohnzimmer. Die kleine Katze schaut mich schon flehend an und ich öffne den Käfig und hebe sie sanft heraus. Dann setzte ich mich, Cassy auf dem Schoß, aufs Sofa. Ich kraule vorsichtig ihr Fell und sie fängt an zu schnurren, dass ich lachen muss. ,, Essen ist fertig.“ Bernie kommt ins Wohnzimmer mit zwei Tellern voller Spaghetti. ,, Voila“ , er stellt mir einen Teller vor die Nase. ,, Ich hoffe es schmeckt dir, Spaghetti á la Bernie.“ Es schmeckt köstlich. Cassy liegt neben uns und ab und zu gebe ich ihr ein Katzenlekerli. Zusammen mit Bernie räume ich die dreckigen Teller in die Spülmaschine und dann gehe ich wieder zu Cassy. ,, Wir müssen uns was überlegen dass sie nicht so viel rum läuft.“, sage ich und schaue Bernie an. ,, Hast du vielleicht ein bisschen Draht da?“ Nein, habe ich nicht. Dann schlägt er vor Cassy einfach in den Korb zurück zu tun, doch dass wird ihr nicht gefallen. Schließlich schieben wir das Sofa rückwärts an eine der Wände, mit ein bisschen Platz zur Wand und kippen dann den Sofatisch um. Er dient als Barriere. In dem kleinen Verschlag fühl Cassy sich auch dann ganz wohl, vor allem als ich ihr noch eine Decke hineinlege. Ich stelle ihr noch eine Schüssel mit Katzenfutter und eine mit Wasser hin und sage dann Schüss, denn ich möchte jetzt kurz zu meinen Pferden. Bernie kommt heute mit zum Stall, doch ich sage ihm gleich dassich nicht reiten will. Wir entscheiden uns für einen kurzen Spaziergang, damit ich danach schnell wieder zu Cassy kann. Ich zeige Bernie wo er Nando findet und gehe selber zu Marry. ,, Na meine Schöne?.“ Ich lehne meinen Kopf an ihre Stirn. Ich nehme den Strick und klicke ihn ans Halfter, um dann aus der Box zu gehen, Marry im Schlepptau. Auf dem Hof wartet Bernie mit Nando, der Gott sei Dank schon sein Halfter aufhatte. Ich kann mir gut vorstellen wie er es sonst jetzt anhatte. ,, Warte, der Strick ist falsch eingehackt.“ Ich mache ihn noch einmal lose und hacke ihn dann richtig ein. Marry und Nando begrüßen sich mit einem kurzen Nasenstobern, dann gehen wir los. Ich habe mir eine kleine Runde ausgesucht, die zu Fuß etwa eine viertel Stunde lang ist. Während wir laufen reden wir über dieses und jenes und kommen schnell wieder am Hof an. ,, Wir bringen sie jetzt auf die Weide.“ Entscheide ich und laufe vor zur Stutenweide. ,, Warte hier. Ich mache nur schnell Marry los.“ Nachdem ich hinter mir das Tor geschlossen habe, mache ich Marry los und sehe zu wie sie zu der Stutenherde rüberschlendert. Dann gehe ich mit Bernie und Nando zur Hengstweide. Nachdem ich ihn kurz geknuddelt habe darf auch er zu seinen Kumpels laufen. Wir gehen zurück zum Auto. ,, Die beiden sind wirklich süß. Und ich finde sie passen zu dir.“ Bernie schaut mich aus seinen freundlichen Augen an. ,, Ja, die beiden sind toll. Ich habe sie auch wirklich sehr lieb.“ , sage ich und wir steigen in das Auto.
Es kommt mir wie eine Ewigkeit vor bis wir zuhause sind. Ich stürme sofort ins Haus und bin erleichtert, als Cassy mir entgegenmaunzt. Ich nehme sie vorsichtig hoch und streichel sie liebevoll, während sie anfängt zu schnurren. ,, Ich habe dich ganz doll vermisst, Prinzessin.“, flüster ich ihr ins Ohr. Mit ihr auf dem Schoß setze ich mich aufs Sofa und warte bis Bernie gemächlich hinterhergekommen ist. ,, Und was wollen wir jetzt noch machen?“, fragt er. Ich fange an zu überlegen. Eigentlich müsste ich dringend mal wieder sauber machen. Ich sage es ihm und er fängt an zu lachen. ,, Da bin ich einmal da, und du willst mit mir Putzen?!“, sagt er mit einer gespielten Entrüstung. ,, Wir können natürlich auch was anders…“ ,, Nein, nein. Ich helfe dir dann beim Putzen.“ Ich setze Cassy zurück in das improvisierte Gehege und suche dann Putzlappen, Staubsauger und Besen heraus. Wir machen laut Musik an und fangen an meinen Bungalow zu putzen, während wir laut mitsingen. Erst machen wir die Küche sauber, danach das Wohnzimmer und zum Schluss Badezimmer und Schlafzimmer. ,, Die Blumen kannst du wegschmeißen.“, meint Bernie und zeigt mir die verwelkte Pflanze. ,, Mmhh… Aber ich hole mir auch keine neue, kümmer mich ja eh nicht drum.“ Er schmeißt die Blume draußen in den Müll und danach schauen wir uns zufrieden im Haus um. Es sieht seit Wochen endlich mal wieder ordentlich aus. Ich bedanke mich bei Bernie für die Unterstützung, doch er winkt ab. ,, Wir haben schon 7 Uhr. Wie lange wir doch für das Aufräumen gebraucht haben…“, meine ich. ,, Ja, ich fahre dann mal wieder in meine Ferienwohnung. Ich bin Hundemüde.“ ,, Okay, bis morgen, wenn du Lust hast.“ ,, Ja, ich komme morgens bei dir vorbei.“ ,, Gut.“ Ich winke ihm nach als er zum Auto geht um es Glenn wiederzubringen. Da fällt mir auf das ich ihn heute noch gar nicht gesehen habe. Ich gehe zurück ins Wohnzimmer und wähle Glenns Nummer.
,, Hey, süße.“ Ertönt seine Stimme am anderen Ende der Leitung.
,, Hay, ich wollte mal hören was du heute so gemacht hast? Ich habe dich ja gar nicht gesehen.“
,, Ich habe meiner Tante noch ein wenig geholfen. Und ich musste noch einkaufen. Und was wie geht es Cassy?“
,, Sie hat sich ein Bein angebrochen und Schürfwunden am Bauch. Aber der Arzt hat gesagt dass es bald alles verheilt ist.“
,, Das ist gut. Ich komme morgen bei dir vorbei und schaue auch mal nach Cassy. Ach übrigens, Kirsten bringt Hylia in vier Tagen vorbei. Sie möchte sich gerne angucken wo Hylia nun stehen soll.“
,, Okay, ich habe ja mit Julia ausgemacht dass Hylia in den Offenstall kommt. Ich glaube in der Box würde sie sich nicht wohl fühlen, sie ist ja schließlich an die großen Wiesen von Kirsten gewöhnt.“
,, Ja, das könnte ich mir vorstellen.“
,, Ich muss dir auch noch was sagen.“
,, Was denn?“, fragt er misstrauisch.
,, Ach, nichts schlimmes. Ich denke über ein neues Familienmitglied nach.“
,, Schon wieder? Obwohl, in unsere chaotische Familie passt auch noch jemand rein.“
,, Ja, das dachte ich mir auch. Allerdings kann ich mich noch nicht so ganz entscheiden. Bei Tsubasa habe ich neulich so einen schönen Wallach gesehen. Dunkelbraun, groß, Vielseitigkeitspferd. Ich glaube Tequila hieß er. Der hat mir ganz gut gefallen. Oder einen Hund aus dem Tierheim.“
,, Wir können auch beides nehmen.“
,, Erstmal nur einen. Ich rede noch mal mit Nina oder Julia über den Wallach, vielleicht verkaufen sie ihn ja auch gar nicht.“
,, Gut, sorry ich muss jetzt auflegen, mein Akku geht zuneige, aber ich komme morgen früh vorbei, dann können wir ja noch mal überlegen und wenn ich mit zum Stall kann schauen wir uns den Wallach mal an. Soll ich so um 10 Uhr bei dir sein?“
,, Ja, ich warte auf dich. Gute Nacht, schlaf schön.“
,, Du auch.“
Dann legen wir auf. Mir fällt ein das ich noch meine Freunde einladen wollte, und schreibe es mir auf einen Zettel den ich an den Kühlschrank hänge. Dort hängt auch schon ein Bild von Marry und mir bei einem schönen Galopp, das Davina gemacht hatte. Ich lächel als ich an den Tag zurückdenke. Marry war ganz lieb gewesen und hatte Spaß an den Dressuraufgaben die ich mit ihr geübt habe. Ich gehe zurück ins Wohnzimmer und hole Cassy wieder auf meinen Schoß. Sie schläft während eines Filmes ein und ich nehme sie vorsichtig mit in mein Zimmer. Nachdem ich mich umgezogen und gewaschen habe, schlüpfe ich zu ihr ins Bett und sie kuschelt sich vertrauensvoll an mich. Ich habe zwar das Gefühl von einem Fellball erstickt zu werden, aber es macht mir nichts aus. Schnell schlafe ich ein und träume von meiner großen, chaotischen Familie…