Habe es geschafft!
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Kapitel 1 – Neustart ins Leben
„Lass mich! Lass mich einfach in Ruhe!“ die Tränen schießen mir in die Augen, als ob ich mich zum Wasserfall verwandeln würde. Sie brennen wie Feuer, doch das Feuer, was in ihnen brennt, wird sofort wieder gelöscht. Ein ständiges auflodern und löschen.
Das einzige was er machte, war mich weiter anzubrüllen, seine Hand immer fester in meinen Arm zu krallen und nicht mehr loszulassen. Sein Blick ist so zornig, wie ich ihn noch nie gesehen habe. Er kommt mir vor wie ein komplett anderer Mensch! Nicht wie der, den ich einmal geliebt habe.
„Marco!“ ich brülle so laut, dass meine Stimme versagt. Ich höre mich an wie ein kleines Kind, dem der Lolli geklaut wurde und sich zwei Stunden die Lunge aus dem Hals geheult hat. Klein. Kläglich. Schwach.
Es fühlt sich an, als ob sich ein riesengroßer Nagel in mein Herz bohren würde, als Marco die Hand hebt und ausholt, um mich zu schlagen.
Meine einzige Hoffnung im Moment ist, dass Ayaka, Cora oder Lisa nach Hause kommen, denn gerade bin ich mit Marco ganz alleine in unserer WG.
Plötzlich fühlt es sich so an, als ob tausend kleine Nadeln sich in meine Wange bohren. Marco hat tatsächlich zugeschlagen. Unvorstellbar.
Auch wenn ich vorher schon kaum ein Wort rausbekommen habe, jetzt hat es mir endgültig die Sprache verschlagen. Eigentlich würde ich ihm jetzt anschreien, was das soll, wieso er so ist, aber ich habe keine Kraft. Ich liege auf dem Boden wie ein Schluck Wasser in der Kurve. Meine Muskeln sind schlapp, mein Kopf tut weh und das einzige was noch funktioniert sind meine Tränendrüsen. Spätestens jetzt müsste der Fußboden von einem Tränenmeer überzogen sein.
„Das war nicht das letzte Mal, dass wir uns begegnet sind, das versprech' ich dir!“ er klingt so aggressiv, dass mir immer wieder ein neuer Schwall an Tränen aus den Augen schießt.
Ein lautes Türknallen hallt durch die Räume. Danach eiserne Stille. Reflexartig fange ich an zu schluchzen, so wie ich es immer tue, wenn ich alleine bin.
„Wir sind wieder da!“ erst fällt die Tür ins Schloss, dann fällt der Schlüssel auf die Kommode, dann klacken die Absätze der Schuhe auf den Boden und es nähern sich Schritte. Es musste Ayaka sein. Ayaka hatte immer eine bestimmte Reihenfolge, wie sie nach Hause kommt.
Ich habe Recht, es ist Ayaka. Als sie mich entdeckt, höre ich wie sie erschrickt. Ich liege immer noch zusammen gekauert auf dem Fußboden im Wohnzimmer und kann mich nicht rühren.
„Catrice?! Hey alles ok?“ ihre Stimme klingt so erschrocken und voller Sorgen.
Als mich dann ihre kalte Hand berührt, erschrecke ich. Heftig ziehen sich alle meinen vorhandenen Muskeln zusammen und verkrampfen. Angst steigt in mir hoch, obwohl ich weiß, dass es Ayaka ist, die vor mir hockt.
„Pssch, alles in Ordnung, ich bin's nur, Ayaka!“
Ihre Hand fährt langsam von meinem Haar zu meiner Hand, greift nach dieser und umfasst sie ganz stark. Meine Muskeln entspannen sich wieder und erneut fange ich schrecklich an zu weinen.
Freundlich umfassen mich die Hände meiner Mitbewohnerin und richten mich auf. Ich fühle mich immer noch schrecklich. Klein. Schwach. Unwichtig. Wie ein Stück Dreck.
Gefühlte Wochen später, habe ich mich aufgerafft und Ayaka alles erzählt. Jedes kleinste Detail, was passiert ist. Wie Marco mich erst noch umgarnt hat, wie er sich liebevoll um mich kümmerte, wie er dann plötzlich ausrastete und zuschlug.
Die letzten Wochen und Monate waren die reinste Hölle für mich. Zwei Mal hatte ich versucht mich umzubringen. Auf mir lastet so viel aus der Vergangenheit und die Gegenwart macht mir das Leben nicht leichter.
„Morgen!“ begrüßten mich Ayaka, Cora und Lisa im Chor, als ich aus meinem Zimmer zum Esstisch wandelte, wie eine Leiche. Und genauso fühle ich mich auch – tot.
„Morgen.“ gebe ich zurück, setze mich an meinen Platz und nehme lustlos eine Scheibe Brot aus der Tüte. Wie jeden Tag hat mein Leben keinen Sinn, also mache ich nur das nötigste und vermeide jeden Kontakt mit der Außenwelt.
„Magst du heute nicht mal wieder raus gehen?“
„Nein Cora, ich will nicht!“
„Aber Catrice du vergisst deine beiden Schätze noch komplett!“
„Mir egal, kümmert ihr euch drum, ich setze keinen Fuß vor die Tür.“
Es stimmt, ich hatte mich schon sehr lange nicht mehr um Sota und seine Tochter gekümmert. Ich hatte einfach besseres, bzw. schlechteres, zu tun und einfach keine Zeit. Ich hatte mit Nina abgemacht, dass sich irgendwer am Stall um die beiden kümmern soll. Und Lizzy meine kleine Hündin hatte ich auch in die Obhut des Stalls gegeben, wo sich, laut Lisa, super um sie gekümmert wird, also hatte ich keinen dringenden Grund vor die Tür zu gehen.
Irgendwie schafften meine Mitbewohner es doch, mich dazu zu bringen, mich anzuziehen und mit ihnen zum Stall zu gehen.
Also ziehe ich mir nach langer Zeit wieder meine Reithose an. Dazu noch einen Pulli und dann meine Reitstiefel. Es ist einfach so ungewohnt in diesen Sachen zu sein, ich habe sie einfach zu lange nichtmehr angehabt.
In der Zeit, in der ich mich umgezogen habe, haben meine drei Mitbewohnerinnen das gleiche gemacht und jetzt gehen wir alle gemeinsam aus dem Haus.
Was etwas peinlich ist – ich kenne den Weg zum Stall nichtmehr wirklich auswendig. Die grobe Richtung weiß ich, aber an den genauen Weg kann ich mich nichtmehr genau erinnern. Man ist das ein mieses Gefühl!
Auf dem Weg dorthin, unterhalten wir uns über einiges, aber vor allem darüber, wie es den Pferden so geht, was alle für wunderbare Fortschritte oder aber auch Rückschläge machen.
Ich persönlich bin am meisten gespannt auf meine beiden Pferde und auf meinen kleinen Hund. Dennoch graust es mir ein bisschen davor, ob meine eigenen Tiere mich noch wieder erkennen. Ein mulmiges Gefühl breitet sich in mir aus.
„Catrice schau mal, da vorne ist deine kleine Maus, Lizzy!“ Lisa stupst mich mit ihrem Finger in meinen rechten Arm und zeigt mit einem Finger auf die gefleckte Hündin. Ich habe sie zuerst gar nicht wieder erkannt, ihr Ausdruck hat sich so geändert. Von einer kleinen, zuckersüßen und verspielten Hündin, zu einer großen, stolzen, erwachsenen Hündin. Wahnsinn! Ich erkenne sie nicht wieder. Jetzt bereue ich auch meine Entscheidung sie nicht bei mir zu lassen, ich hätte ihre Entwicklung gerne miterlebt… Schade drum, das Leben geht weiter!
„Liiiiiz!“ mit einem Ruf und einem Pfiff den ich hinterher setze rufe ich nach meiner Hündin.
Zuerst schaut sie mich bloß an, merkt, dass ich es bin und rennt mit wedelnder Rute auf mich zu.
„Baby, wie groß du geworden bist!“ von nahem ist sie viel größer, als ich dachte.
Ich wuschle durch ihr ganzes Fell, küsse sie mehrmals und freue mich so, dass meine Maus mich wieder erkannt hat! Ich habe das echt nicht erwartet, dass sie mich noch erkennt und bin jetzt umso glücklicher, dass sie es tat! Ein kleines Freudentränchen lief mir die Wange herunter
„Doch nicht mit deiner Sabberzunge durch mein Gesicht! Du bist doch ekelig Monster!“ mit dem Ärmel meines Pullis wische ich mir einmal durch mein Gesicht. Wieso musste sie auch unbedingt mit ihrer sabber Zunge durch mein ganzes Gesicht?! Ich kann mir ein kleines Kichern nicht verkneifen.
Ich ärgere mich echt, dass ich nicht schon früher wieder zum Stall gegangen bin! Jetzt merke ich nämlich, dass man bei den Tieren einfach wieder alles vergisst. Ich denke nicht an das, was vorhin, gestern, vor einer Woche oder vor ein paar Monaten war, nein, ich denke an das jetzt, an meine Hündin und vor allem freue ich mich gleich meine beiden größten Schätze wiederzusehen!
„Sagt mal, wie hat das mit Cara geklappt, also Integrierung in die Weidengruppe, neuer Stall und so?“ erkundige ich mich neugierig, als wir mit Lizzy im Schlepptau auf dem Weg zum Hengststall sind, wo Sota schon auf mich warten soll.
„Die hat sich super eingelebt! Hätte mich aber auch gewundert wenn nicht! Sie ist so eine selbstbewusste Stute geworden.“ so Ayaka.
„OMG!“ bekomme ich nur raus, als Sota mich mit seinen großen Reh Augen anschaut und loswiehert.
„Wie siehst du denn aus? Du brauchst unbedingt einen Termin beim Frisör!“ lauthals lache ich los. Der Hengst hat eine, für seine Verhältnisse, lange Mähne, aber immer noch seinen normal langen Schopf. Es sieht einfach so bescheuert aus! Auch Ayaka, Cora und Lisa lachen mit mir.
Wie lang habe ich nichtmehr gelacht? Ein halbes Jahr? Ein ganzes? Ich weiß es nicht.
Wie damals öffne ich die Box, schiebe die Tür auf und warte, bis Sota auf mich zukommt. Dies macht er sofort und ich streichle ihm sanft die Stirn. Wie ich dieses weiche Fell vermisst haben muss!
Entschlossen irgendetwas mit meinem kleinem Goldstück zu machen, schnappe ich mir sein Halfter, was vor der Box hängt, halftere ihn auf und gehe gemeinsam mit ihm aus der Box.
Wie entspannt er ist, überrascht mich!
„Was habt ihr mit ihm gemacht, dass er so entspannt ist?“ frage ich die Mädels, die sich in der Zeit, in der ich nicht hier war, auch ein wenig um meine beiden Pferde gekümmert haben.
„Wir? Nichts. Er! Er hat sich endlich richtig eingelebt und kommt so mit den Hengsten gut klar, nur die Stuten sind immer ein kleines Problem. Mit manchen kommt er super klar, ist super lieb, bei anderen wird er dann zum Wildfang…“ erklärt Cora mir.
„Mit El Shamir versteht er sich z.B. super!“ Ayaka lacht. El Shamir ist ihr Hengst, der generell sehr umgänglich und lieb ist, also kein Wunder, dass sich die beiden verstehen.
„Was meinst du, würdest du dich trauen dich wieder in den Sattel zu schwingen?“ fragt Cora mich, als wir am Putzplatz angekommen sind.
„Ich weiß nicht… Ich saß so lange nichtmehr im Sattel und vor allem ich weiß ja nicht wie der große so drauf ist…“ ich lege bewusst etwas Unsicherheit in meine Stimme, um zu signalisieren, dass mir bei dem Gedanken etwas mulmig ist.
„Wie wär’s, ich hole Shamir, wir machen beide fertig zum Reiten, du nimmst dir aber noch eine Longe mit und longierst deinen Dicken und wenn er brav und ruhig ist, schwingst du dich rauf, ich bin dann ja auch dabei und Cora und Lisa werden uns auch nicht von der Seite weichen?!“ schlägt Ayaka vor.
„Mh… Ich versuch das mal, aber nur, wenn ihr versprecht alles zu tun, damit er anhält, wenn er doch losbuckeln sollte!“ ich stimme nur zu, weil ich merke, wie meine Freundinnen sich um mich kümmern und versuchen mich abzulenken. Ayaka hat Lisa und Cora wohl erzählt, was passiert ist.
„Versprochen!“ kommt es im Chor aus ihren Mündern.
„Okay, dann hol Shamir und wir machen die beiden fertig.“ Mit einem Pferdeknoten binde ich Sota an der Anbindestange an, husche kurz in die Sattelkammer und nehme Putzzeug und meine roten Bandagen mit. Als ich wieder am Putzplatz bin, ist Ayaka bereits mit Shamir da, hat ihn angebunden und angefangen zu putzen. Cora unterstützt sie tatkräftig.
Auch ich fange an zu putzen, wobei mir Lisa hilft.
Durch Lisa und Cora sind die beiden Pferde doppelt so schnell geputzt wie sonst, wir bandagieren, satteln und trensen noch schnell. Ich hole dann noch Longe, Helm und Schutzweste aus der Sattelkammer und schon gehen wir zur Halle.
In der Halle steigt Ayaka auf ihr Pferd, ich stelle mich in die Mitte eines Zirkels und lasse Sota im Schritt um mich herum laufen. Entspannt streckte er den Hals nach unten und ging in einem guten Tempo vorwärts. Die roten Bandagen, mit der passenden roten Schabracke sehen so unheimlich gut auf ihm aus!
Nach 10 Minuten schnalze ich mit der Zunge, Sota spitzt die Ohren, wird erst nur etwas schneller, fällt dann aber auf erneutes schnalzen in den Trab.
Im Trab läuft er nichtmehr ganz so entspannt, rennt allerdings nicht wie von einer Biene gestochen los oder buckelt, nimmt aber auch die Nase nicht runter, sondern guckt etwas in der Gegend herum. Ich schnalze erneut, um seine Aufmerksamkeit zu erwecken, Sota dreht seine Ohren zu mir, tritt mehr unter und hat gleich viel mehr Ausdruck in der Bewegung.
„Seine Gänge sind der Hammer!“ ruft Lisa mir zu, sie hat ihn noch nicht in Bewegung gesehen gehabt.
Ich werfe ihr ein kleines Lächeln zu, konzentriere mich dann aber wieder auf mein Pferd.
Sota läuft brav seine Runden, die Richtungswechsel klappen auch ziemlich gut und so langsam entspannt er sich auch.
„Galopp!“ sage ich ruhig und entspannt, schnalze einmal und Sota galoppiert an. Beim angaloppieren macht er ein paar Freuden-Hüpfer, beruhigt sich aber schnell und galoppiert dann ruhig weiter.
Auf ein einfaches ‚brrt‘ pariert Sota brav durch, schnaubt ab und auf ein weiteres ‚brrt‘ pariert er durch zum Schritt. Auf mein Signal, dass er zu mir kommen soll, kommt er zu mir, ich lobe ihn kräftig und mache die Longe ab. Die harte Arbeit damals hat sich wohl ausgezahlt, damals hätte ich mir so was gar nicht erträumt!
Ayaka hält Shamir neben mir an.
„Bereit?“ fragt sie, nimmt mir die Longe ab und wartet auf eine Antwort meinerseits.
„Bereit!“ und ehe ich mich versehen konnte saß ich auch schon im Sattel.
Nachdem ich mich geordnet habe, drückte ich meine Beine vorsichtig an Sotas Bauch, dieser reagiert sofort und schreitet voran. Mit leichtem Zügelkontakt und einem inneren treibendem Schenkel reite ich meine Wege durch die Bahn.
Ayaka hat die Longe bereits an Lisa übergeben und geht mit ihrem Schimmel nun auch wieder in der Bahn.
Nach 3 Runden entspannten Schritt, nehme ich die Zügel auf, versuche Sota durchzustellen, was mir nicht hundertprozentig gelingt, aber er nimmt den Kopf zumindest in die Richtung der Senkrechten, und trabe an.
Seine Gänge sind echt der Wahnsinn! So weich, so stark und so durchschwingend.
Gemeinsam reiten wir ein paar Bahnfiguren und ich bin echt erstaunt wie lieb er immer noch ist.
Doch zu früh gefreut, als ich allen Mut zusammen nehme und die Galopphilfe gebe, galoppiert Sota zwar an, buckelt aber. Ayaka bekommt das mit, trabt los und versucht Sota den Weg abzuschneiden, so, dass er stehen bleiben muss. Das gelingt ihr zum Glück, Sota bleibt stehen und Ayaka greift nach den Zügeln.
„Alles ok bei dir?“ fragt sie mich und mustert mich dabei genauestens.
„Ja, nur ein kleiner Schockmoment…“
„Gut! Ich lass dich jetzt wieder los.“ Gesagt getan, Ayaka lies los, ich setze mich wieder gerade hin, atme tief durch und reite im Schritt hinter Shamir her. Am Tor der Halle halten wir an, da wo Cora und Lisa stehen.
„Cora magst du mich einmal an die Longe nehmen? Ich würde gerne nochmal galoppieren, aber falls er losbuckeln sollte bekomm ich ihn von oben nicht wieder angehalten…“
„Klar!“ antwortet Cora, tritt in die Halle ein, knipst die Longe in den Trensenring und stellt sich in die Mitte des Zirkels. Ayaka steht mit Shamir auf dem anderen Zirkel, damit Sota sich nicht unnötig aufputscht, wenn Shamir an ihm vorbeiläuft.
Ich trabe an und als ich sicher bin, gebe ich die Galopphilfe. Innerlich bin ich leicht angespannt, was natürlich nicht richtig ist, das weiß ich, aber meine Selbstbeherrschung ist im Moment nicht die beste. Und wieder fängt Sota an zu buckeln, aber Cora zupfelt an der Longe, ich mache mich schwer, spanne mein Kreuz an und Cora tritt vor die Vorhand von Sota. Sota beherrscht sich, hört auf zu buckeln. Ich nehme mehr Zügelkontakt auf, stelle meinen Hengst durch und galoppiere ein paar Runden an der lockeren Longe.
Dann pariere ich durch, trabe leicht und gebe die Zügel langsam etwas vor. Zwei Runden später sitze ich aus, pariere durch und reite zu Cora.
„Kannst abmachen.“ Sagte ich ihr und sie tat das.
Ich reite dann wieder am Zügel ganze Bahn, ein paar Bahnfiguren und trabe bald wieder an.
Bei B reite ich eine Volte, galoppiere daraus an und gehe bei A auf den Zirkel.
Sota bleibt lieb, galoppiert schön gesetzt und ich lobe ihn. Mit feinen Hilfen pariere ich wieder durch, lobe ihn erneut und trabe am langen Zügel auf dem Zirkel. Ein lautes Abschnauben, ich setze mich wieder in den Sattel, spanne mein Kreuz an und artig pariert der Hengst durch. Noch einmal lobe ich ihn.
Als ich am Tor vorbeireiten höre ich nur, wie Lisa sagt: „Krass! Ey, wenn du mal nicht reiten willst, ich stell mir zur Verfügung!“. Dabei lacht sie und ich muss mitlachen.
„Wenn du willst kannst du dich gern eine Runde draufschwingen und noch ein wenig reiten, mach dich aber auf einiges gefasst! So einfach wie es aussieht ist es nicht.“ Ich zwinkere ihr zu reite zum Tor, bleibe davor stehen und warte auf eine Antwort.
„Okay, Schritt werde ich wohl schaffen oder?“ sie lacht.
Ich nicke, steige ab, drücke Lisa meinen Helm und die Zügel in die Hand und merke dann, dass meine Knie ganz weich werden. Wobei ich froh bin, dass das jetzt erst passiert anstatt im Sattel. Schnell helfe ich Lisa hoch, kraule Sota kurz den Hals und verlasse dann die Halle, um mich vor das Tor zu den andern zu stellen.
Ein bisschen schaue ich Lisa und meinem Hengst noch zu, wie sie gemütlich im Schritt durch die Halle tigern.
„Du Lisa? Ich geh eben mit Cora meine kleine holen, reit ruhig noch ein bisschen, bin gleich wieder da!“ Lisa nickt und Cora und ich machen uns auf den Weg zu Cara.
Die kleine Dame steht mittlerweile im Offenstall und scheint sich dort Pudelwohl zu fühlen.
Ich habe sie so unglaublich lange nichtmehr gesehen, sie soll sich wirklich super entwickelt haben und ich freue mich einfach richtig sie wieder zu sehen.
„Schau da steht sie!“ Lisa zeigt auf eine braune Stute, die aber eine der helleren Braunen ist.
Irgendwie schaut sie nichtmehr ganz aus wie die kleine knuffelige Maus, die ich damals hatte, aber sie ist immer noch unglaublich schön!
Ich öffne das Tor und gehe zu Cara.
Sie schaut mich an, interessiert sich aber nicht wirklich für mich. Das Futter ist halt doch interessanter!
„Ignorant wie immer die Kleine!“ stellt Cora fest.
„Na dann wird das ja ein ganzes Stück Arbeit!“
„Oh ja, das kannst du laut sagen!“ lacht Cora und holt Halfter und Strick meiner Stute, während ich noch versuche ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen.
Glücklicher Weise habe ich in der Tasche meiner Reithose Leckerlies vergessen gehabt und kann sie so ein bisschen bestechen.
„Maus guck mal was ich hier für dich habe!“ sie spitzt die Ohren und interessiert sich ganz wie erwartet nur noch für meine Faust, wo das Leckerli drin ist.
Cora drückt mir Halfter und Strick in die Hand, ich trete neben Cara und halfter sie auf.
Gemeinsam gehen Cora und ich mit Cara zum Putzplatz, binden sie an und ich mache mich auf den Weg zur Sattelkammer, wo ich mir eine Wurzelbürste und einen Hufkratzer schnappe, dann noch eine Gerte und mir ein paar Leckerlies in die Tasche meines Pullis stecke.
Wieder bei meiner Stute, lege ich den Hufkratzer weg und fange an mit der Wurzelbürste vorsichtig ihren Körper zu putzen.
„Mensch, du bist ja verdammt dreckig und wirst nicht sauberer!“ schimpfe ich aus Spaß mit ihr.
„Keine Sorge, die sieht immer so aus!“ neckt Cora mich.
Nachdem ich dann ihren Körper grob von Schmutz gereinigt habe, wechsle ich Wurzelbürste gegen Hufkratzer und mache mich an die Hufe. Da mit Cara in der Zeit, wo ich nicht da war nicht sonderlich viel gearbeitet wurde, ist es wieder ein kleiner Akt sie dazu zu bewegen, mir ihren Huf zu geben. Aber auch das hatten wir kurze Zeit später geschafft und so konnte es dann auch wieder zurück zur Halle gehen.
„Na da seid ihr ja wieder!“ begrüßte Lisa uns.
„Jap.“ Ich betrat die Halle, Cora blieb draußen.
„Ich muss sagen, OMG dein Pferd ist so toll!“ Lisa ist hell auf begeistert.
„Kannst auch ein bisschen traben, sei aber vorsichtig wenn er zu schnell wird oder sich auf das Gebiss legt, dann parier lieber wieder durch.“
Das ließ sich Lisa nicht zweimal sagen, nimmt die Zügel auf und trabt los. Ich bin selbst überrascht wie toll seine Gänge sind! Man merkt zwar, wenn man draufsitzt, dass es sich einfach super anfühlt, aber wie es dann schließlich aussieht ist trotzdem anders.
Mit einem Auge immer auf die beiden, lauf ich dann im Schritt mit Cara los.
Ich möchte mich bloß kurz mit ihr beschäftigen und testen, wie sie auf mich reagiert. Deshalb baue ich immer wieder Richtungswechsel ein, bleibe stehen und werde auch mal schneller und langsamer.
Für ihr Alter macht sie sich schon relativ gut, trotzdem muss ich sie teilweise etwas korrigieren und motivieren.
Währenddessen hat Ayaka die Halle verlassen und auch Lisa ist fertig geworden und ist so nett und bringt Sota auf die Weide.
Da die Halle frei ist, löse ich den Strick und Cara darf sich noch einmal austoben.
Nachdem sie ein paar Meter von mir weg ist, galoppiert sie mit erhobenem Schweif, aufgeblähten Nüstern und einigen Freudenbucklern los und zeigt pure Lebensfreude.
Es tut so gut diese Freude zu spüren, zu wissen, dass es den eigenen Tieren gut geht, auch, wenn es einem selber wirklich gar nicht gut geht. Es war wirklich die richtige Entscheidung, mich von meinen Mitbewohnerinnen zum Stall schleppen zu lassen. Ich habe das hier alles unbewusst sehr vermisst!
Mittlerweile geht die Stute nur noch Schritt, schnaubt aber auch wunderbar ab.
Mit einem kurzen Pfiff wecke ich ihre Aufmerksamkeit, bedeute ihr durch meine Körpersprache zu mir zu kommen und trotz dass sie so lange nicht richtig gearbeitet wurde, kommt sie ganz brav zu mir und lässt mich den Strick einhaken. „Brav!“ lobe ich sie.
„Man sieht wirklich, dass Sota der Papa der schicken Maus ist!“ entgegnet Lisa, die Sota mittlerweile weggebracht hat und nun bei Cora am Tor steht und uns beobachtet hat.
„So ist es! Ich glaube sie fühlt sich auch wie ihr Papa. Hengst durch und durch in einer Stute.“ lache ich. Cora und Lisa lachen mit mir.
„Na was ist denn so lustig?“ Ayaka schaut uns vergnügt an.
„Wir haben festgestellt, dass Caramell ein Hengst durch und durch ist!“ wieder lachen wir los, diesmal lacht Ayaka auch mit.
„Tschüss meine Süße!“ verabschiede ich mich von meiner Kleinen, nachdem ich sie wieder in den Offenstall gebracht habe. Die anderen drei sind schon auf dem Weg nach Hause, ich habe ihnen gesagt gehabt, dass ich gern noch ein bisschen Zeit alleine hier haben möchte.
Zuerst mache ich mich aber wieder auf die Suche nach meinem Hund. Lissy ist laut Aussagen von meinen Freundinnen ein echter Hofhund geworden und treibt sie wie die anderen immer und überall auf dem Hof rum.
„Liiiiiissyyy!“ rufe ich einmal laut. Sie scheint gerade in der Nähe zu sein, denn kurz darauf steht sie vor mir und schaut mich mit ihren wunderbar dunklen Augen an. Ich gehe in die Hocke und kraule meine Hunde Dame kräftig durch.
Mit einem „Komm!“ fordere ich sie auf mir zu folgen. Ich möchte zu Nina.
„Oh, hey Catrice!“ Nina scheint ziemlich überrascht.
„Hey!“ begrüße ich sie.
„Lang nicht gesehen! Wie geht’s?“
„Och ja… Generell so wie immer, aber gerade gut. Dir?“
„Mir geht’s auch gut. Was verschlägt dich denn hier zu mir?“
„Ich wollt dir sagen, dass ich wieder hier bin! Meine Mitbewohnerinnen haben mich gezwungen, aber ich bin echt froh wieder hier zu sein!“
„Klingt gut! Schön dich wieder zu sehen.“
„Auf jeden Fall ein riesen großes Dankeschön, dass ihr euch so super um meine Schätze gekümmert habt!“
„Ach ist doch kein Problem! Immer wieder gerne! Wir stehen hinter dir, falls du aus egal welchen Gründen nicht kannst!“
„Danke, dass ist echt nett von euch. Ich hab mich schon um meine beiden Großen gekümmert. Um Liz müsst ihr euch auch nicht mehr kümmern, die kleine kann wieder mit zu mir!“
„Das freut mich wirklich! Sie hat sich hier super gemacht.“
„Oh ja! Sie sieht wunderbar aus.“
„Soll ich dir die Leine und alles andere eben holen?“
Ich nicke nur.
Kurz darauf kommt Nina voll bepackt wieder, legt alles auf den Boden und packt es dann einzeln in eine Tüte.
„Danke!“
„Gern geschehen.“
„Ich denke wir sehen uns morgen. Bis dann!“
„Na das freut mich aber! Bis dann!“
Mit Lissy an meiner Seite und der Tüte mit ihren Sachen in meiner Hand betrete ich die Wohnung. Keiner ist zuhause. In der Diele hängt ein Zettel ‘‘Wir sind eine Runde ins Café. Wenn was ist, ruf an!“. Ich löse den Zettel von der Wand, zerknülle ihn in meiner Hand und schließe die Tür.
„So mein Schatz, kennst du dich hier noch aus?“ ich stelle die Tüte auf den Boden, hänge meine Jacke auf und ziehe die Stiefel aus. Dann schnappe ich mir wieder die Tasche, setze mich auf unser Sofa und schütte den Inhalt der Tasche auf dem Boden aus.
Liz ist derweil mit ihrem Spielzeug, was noch immer am gewohnten Platz lag beschäftigt.
„Gib’s zu, du hast dein Zuhause auch vermisst!“
Leine, Impfpass, Futter und dem ganzen Rest lege ich wieder zurück an den Ort, wo es hingehört und Lissys Hundebett kommt genau neben mein Bett. Schnell fülle ich noch Wasser und Futter in die Näpfe und schwinge mich dann unter die Dusche.
Im kuscheligen Bademantel schwinge ich mich auf die Couch, schalte den TV ein und entspanne erst einmal. Da ich mich so lange nichtmehr wirklich bewegt habe, tun mir jetzt alle Knochen weh. Aber das ist gerade nicht das, woran ich denken muss, denn mir geht es nach langer Zeit endlich mal wieder besser! Irgendwo in meinem Hinterkopf spielt sich trotzdem die Geschichte von heute Morgen immer wieder ab, doch ich versuche das ganze einfach zu verdrängen.
Um den Abend schön ausklingen zu lassen schalte ich meine Lieblingsserie an, kuschle eine Runde mit Lissy und genieße den Duft der Kerzen, die ich mir eben angezündet habe. Meine Mitbewohnerinnen scheinen wohl noch woanders zu sein als nur im Café, aber das ist mir im Moment ziemlich egal.
Schließlich schlafe ich dann auf der Couch mitten in der Serie ein.
Mein Fazit des Tages: Schaue voraus, denn es wird immer eine bessere Zeit kommen, auch wenn es unbestimmt ist, wie lange sie anhält! Es lohnt sich!
Zusammenfassung:
Schlechter Start, Marco rastet aus, ich bin ein Schluck Wasser in der Kurve, Mitbewohnerinnen schleppen mich zum Hof, mir geht es dort besser, sehe meinen Hund wieder, ich reite Sota, Lisa setzt sich kurz auf Sota, ich arbeite ein bisschen an der Hand mit Cara, lasse sie dann laufen, gehe zu Nina, sie freut sich, ich bedanke mich, nehme meine Lissy mit nach Hause, gucke TV und schlafe ein
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(Times New Roman, 12 - 9 Seiten, 4384 Wörter =) )
Achja, Aufgaben, Schicksal und so nicht enthalten, weil wegen mehrere Monate geschrieben :D