Erwartet bitte noch nicht zu viel von mir, da ich einfach noch keinen so super Schreibstil habe wie ihr...
Ich lag im Dunkeln und starrte an die Decke. Es war einfach unmöglich zu schlafen. Eigentlich wäre das ja kein Problem gewesen. Von draußen schien der Mond herein, es war eine recht sternenklare Nacht und kein Sturm oder sonst was… aber Morgen. Morgen würde es losgehen. In mein neues Zuhause. Es lag in Deutschland und war die Jägerstraße 8. Nach langem Grübeln hatte ich mich dazu entschieden, das alte, hübsche Haus zu verlassen. Die weiten Wiesen und alles, was mir immer so selbstverständlich erschienen war. Wälder, Feldwege und alles. Eigentlich war es fraglich wieso ich England verlassen wollte… ich wusste selber nicht genau wieso und warum. Vielleicht, wegen meinem schrecklichen dreizehnten Lebensjahr… ich hatte zwei Lebewesen verloren, die mir einfach nur furchtbar wichtig gewesen waren… und morgen sollte es dann losgehen… nach Hofling wie das Dorf hieß. Das Dorf mit dem Hof. Mit dem Hof „Tsubasa Stables“…
„Sarah! Sarah aufstehen“, rief eine Stimme von unten.
Es war vollkommen eindeutig die Stimme meiner Mutter. Das erkannte man sofort. Erst wusste ich nicht genau was los war. Wieso weckte sie mich an einem Samstag um halb sechs? Da konnte ich doch eigentlich schlafen, bis es um Viertel nach neun Frühstück gab… erst langsam schaltete sich mein vorher wattiges Gehirn ein und dazu leider auch das Lampenfieber… heute, heute würde ich umziehen. Mit der Bahn nach Hofling fahren, wo ich ein neues Zuhause finden sollte. Was würde mich dort erwarten? Würden sie hohe Ansprüche an mein Reitkönnen stellen? Das waren die beiden Fragen, die in meinem Kopf Karussell fuhren und mich ganz wuselig machten. Dass zwei Fragen schon reichten um einen Menschen völlig zu verwirren. Verrückt… Langsam setzte ich mich im Bett auf um dann aufzustehen. Meine Beine brauchten kurze Zeit um halt zu finden, denn ich hatte allerhöchstens eine halbe Stunde geschlafen. Langsam machte ich mich auf den Weg die Treppe herunter. Mein Koffer lag bereits seit gestern gepackt im Auto. Vielleicht würde ich nie wieder zurück in dieses Haus kommen… langsam sah ich noch mal jede Stufe der Treppe an. Aus Holz wie immer. Tintenflecke – wie immer. Aber es fühlte sich trotzdem so anders an, zum letzten Mal eine Treppe herunter zu gehen…
„Guten Morgen Sarah. Tut mir Leid Mäuschen, wir müssen gleich los, damit du deinen Zug nicht verpasst. Nimm dein Brot einfach in die Hand und iss es da“, waren die Worte mit denen meine immer positive Mutter mich begrüßte.
„Morgen Mama…“, gab ich leise zurück und nahm das Brot.
Trotz aller Nervosität beeilte ich mich und war kurz darauf fertig angezogen. Wir traten aus dem Haus und ein frischer Luftzug der uns um die Ohren wehte, begrüßte uns. Der Postbote kam vorbei gefahren. Wie immer mit seinem alten, klapprigen Postrad.
„Guten Tag Cindy, Guten Tag Mrs. Abbey“, begrüßte er uns.
Ich winkte im zu, während ich hinter Mama ins Auto stieg. Auch ihn hatte ich jetzt wahrscheinlich zum letzten Mal gesehen… während Mama anfuhr, dachte ich über diese unheimliche Namensverschiedenheit nach…Meine Mutter und mein Vater nannten mich Sarah. Meine Freunde und alle Bekannten, die nannten mich Cindy. Eigentlich war es ja komisch. Sarah war mein zweiter Name, Cindy mein erster. Trotzdem nannten meine Eltern mich Sarah. Aber gut. Eigentlich hatte ich ja auch über anderes nachzudenken. Heute um drei war ich gleich verabredet, mit der Hofbesitzerin Frau Berger. Diese wollte mit mir über meinen künftigen Job sprechen. „Pferdefriseur“. Ich freute mich schon, da ich gerne stundenlang an Pferden herumputzte und etwas mit Mähne und Fell machte. Trotzdem war ich deutlich nervös. Was würde passieren? Würde Frau Berger freundlich sein? Oder abweisend? Außerdem hatte ich zu meinem 18. Geburtstag ein wunderbares Geschenk bekommen… meine Eltern hatten erlaubt, dass ich mir an den Tsubasa Stables ein Pferd kaufte. Die Besitzer betrieben nämlich auch einen kleinen Pferdeverkauf und ich, ich durfte mir dort eines aussuchen… aber gleichzeitig war ich auch gespannt… was für ein Pferd würde ich mir aussuchen? Pony oder Pferd? Welche Rasse? Wie würde es aussehen? Momentan tendierte ich ja vor allem zu einer Herausforderung. Ich liebte es einfach, schwierige Pferde zu reiten, mit ihnen zu arbeiten und am Ende einen Erfolg zu haben. Genauso wie mit Puppy… plötzlich versuchten die Tränen schon wieder hochzusteigen… Puppy… mein allererstes Pony war er gewesen… anfangs waren wir nicht so gut miteinander ausgekommen, aber immerhin… wir hatten uns angefreundet und er war wirklich super gegangen. Bis zur schrecklichsten Nacht meines Lebens…
Durch ein lautes Bremsen-Quietschen wurden meine Gedanken unterbrochen. Meine Mutter öffnete die Tür und stieg aus. Nervös starrte ich aus dem Fenster. Oh wie ich Bahnhöfe doch hasste. Menschen rannten gestresst durch die Mengen und Koffer standen mutterseelenallein herum… Trotzdem stieg ich aus. Der übliche Bahnhofgeruch schlug mir entgegen.
„Bist du nervös?“, meine Mutter tat, als wäre alles entspannt, aber ich sah in ihren Augen Tränen schimmern.
„Ein bisschen…“, sagte ich die halbe Wahrheit. Die ganze Wahrheit war, dass ich vor Nervosität beinahe umgekippt wäre… es wurden immer mehr Fragen und sie kreisten mich ein… es gab kein Entrinnen vor den Fragezeichen um mich herum… Prüfend sah meine Mutter mich an.
„Okay…“, antwortete sie zögern und holte meinen Koffer aus dem Kofferraum.
Langsam machten wir uns auf den Weg zu Gleis 4 an dem mein Zug abfahren würde. Ich sah mich um. So viel würde ich hier nie wieder sehen. Oder jedenfalls nicht so schnell wieder. Meine Knie wurden weich und zitterig. Die Tränen drückten nach oben. Aber heulen brachte jetzt auch nichts. Es war alles entschieden und heulen wäre einfach Wasserverschwendung gewesen. Ich sah, dass meine Mutter der gleichen Meinung war, auch wenn in unseren vier Augen Tränen schimmerten. Im gleichen Moment indem wie Gleis 4 erreichten, fuhr der Zug mit quietschenden Bremsen ein. Stumm umarmte ich meine Mutter noch einmal. Kein Wort kam über meine Lippen…
Ein paar Minuten später saß ich allein in meinem Abteil, auf meinem Platz. Wenn ich ehrlich war, war ich ziemlich froh darüber, allein zu sein. Aus dem Fenster sah ich wie meine Mutter mir winkte. Ich hob ebenfalls die Hand und winkte zurück. Dann studierte ich noch einmal genau meinen Fahrplan. Ich würde in einer Stadt in der Nähe von Hofling, aussteigen müssen und von dort dann eine S-Bahn nach Hoflingen, ein Dorf vor Hofling nehmen. Von Hoflingen nach Hofling musste ich dann einen Bus nehmen. Ganz schön kompliziert aber hier in England hatte ich es doch auch gekonnt… Langsam fuhr der Zug an. Er verließ den Bahnhof und damit auch das Dorf, in dem ich jahrelang gelebt hatte. Es fühlte sich nicht an, als würde ich allein wegfahren. Irgendetwas war in mir. Ich wusste nicht was. Schließlich hatte ich nur mein nötigstes Gepäck mitgeschleppt. Nichts Persönliches oder sonstiges. Aber irgendwas nahm ich mit. War es überhaupt etwas zum Anfassen? Oder eher etwas in meinem Körper drin. Was man einfach nur fühlte? Ich starrte aus dem Fenster. Draußen flog die Welt nur so vorbei. Wiesen und Felder. Würde es in Hofling auch so schön sein? Und würde ich ein passendes Pferd für mich finden? Plötzlich schossen mir doch die Tränen in die Augen. Klar war es Wasserverschwendung, aber manchmal ging es halt einfach nicht anders. So viel würde ich entbehren müssen. Wenn ich aus England wegging. Aber ich fuhr einem neuen Leben entgegen. Ein Leben in Hofling…
Die ganze Fahrt verbrachte ich alleine im Abteil. Sie bestand nur aus Fenster-Gucken und Nachdenken. Nach ein paar Stunden, pünktlich um Viertel vor zehn, fuhr der Zug am Bahnhof „Grünewald“ ein. Die Türen öffneten sich mit einem Puffen. Mein Koffer stand neben mir und ich stieg aus. Von der Stadt sah man noch nicht viel. Jedenfalls nicht wenn man so winzig war wie ich. Um mich herum hasteten Leute, dass war ja fast noch schlimmer, als in England. Direkt hinter mir standen zwei junge Damen.
„Na Luna? Hast du hier was gefunden? Oder willst du doch mal in Hoflingen suchen?“, fing die eine an sich mit der anderen zu Unterhalten.
„Nicht direkt. Morgen bin ich mit so einer Frau aus Hofling ohne EN verabredet. Die betreibt einen Pensionsstall. Atlanta muss ja auch irgendwo untergebracht werden.“ Antwortete die andere.
Nicht, dass mich deren Gespräch sonderlich interessierte, aber es war schon interessant wie anders Deutsch klang. Ich war die englische Sprache gewohnt. Zwar verstand ich was die beiden sich erzählten, aber gleichzeitig klang es komisch in meinen Ohren. Sanft und gleichzeitig fremd. Zuhause hatte ich nur selten Deutsch gesprochen. Höchstens in der wöchentlichen Deutsch-Stunde mit meinem Vater. Meine Mitbewohnerin Lucinda Davids stammte ebenfalls aus England. Darüber war ich außerordentlich glücklich, da ich einfach nicht so toll in Deutsch war. Wir hatten in den letzten Wochen E-Mails hin und her geschrieben. An sich war sie recht freundlich gewesen. Auch hatte sie mir Fotos von ihren Pferden geschickt. Es waren wirklich schicke Pferde. Vor allem Kaltblutmäßig. Zwar war ich mehr der Ponytyp, aber trotzdem hatten die drei mir sehr gut gefallen. Wenn ich so über die Privatpferde von meiner Mitbewohnerin nachdachte, wurden meine Gedanken gleichzeitig zu meinem Geburtstagsgeschenk geworfen. Klar war es super, dass ich ein eigenes Pferd haben konnte… aber es bedeutete auch eine riesige Verantwortung… war ich so etwas überhaupt gewachsen? Mit Puppy war das damals etwas anderes gewesen. Da hatte ich viel Hilfe von meinen Eltern bekommen. Aber hier… hier würde ich auf mich allein gestellt sein…
Langsam schlenderte ich den Bahnhof entlang. Die nächste S-Bahn kam erst in zehn Minuten, also hatte ich Zeit. Und alle Viertelstunde kam wieder eine. So hätte ich mich völlig entspannen können. Aber das ging nicht. Mein ganzer Körper war angespannt wie ein Flitzebogen. Ich musste so viel schaffen in nächster Zeit. Mit schwitzender Hand umgriff ich den Schlüssel in meiner Tasche. Der Schlüssel für die Jägerstraße 8. Er war noch da. Gott sei Dank. Der Schlüssel in ein neues Leben…
Kurz darauf saß ich in der S-Bahn nach Hoflingen. Es war noch eine halbe Stunde bis dahin und eine geschätzte Viertelstunde von dort bis Hofling. Noch eine Dreiviertelstunde Fahrt bis zu meinem Ziel. Ich starrte aus dem Fenster, um nicht sehen zu müssen was um mich herum passierte. Das erste was mir auffiel, als ich raus sah, war das es in Deutschland gar nicht so anders war. Auch hier gab es Felder und Wiesen. Menschen gingen spazieren oder fuhren mit Autos vorbei. Das war völlig normal. Erleichtert atmete ich auf und lehnte mich zurück. Allein so etwas machte mich glücklich. Zu sehen, dass es hier nicht viel anders war. Nicht anders, als in England… also würde meine nächste Zeit hier sicher schön werden… Endlich, nach einer gefühlten Ewigkeit und realen fünfundvierzig Minuten, trafen wir in Hoflingen ein. Langsam stieg ich die Stufen herunter und verließ damit die S-Bahn. Ein kühler, aber nicht unangenehmer Luftzug begrüßte mich hier in Hoflingen. Der Bahnhof lag direkt an der Hauptstraße und es war alles ziemlich voll. Es war zu Hoffen, dass es in Hofling zumindest etwas anders war. Verzweifelt sah ich mich jetzt erst einmal um. Wo gab es hier eine Bushaltestelle. Nach dem Weg fragen, traute ich mich auch nicht. Wer wusste schon, ob ich da nicht irgendwelche Versprecher einbaute… ich ging ein Stück die Straße nach oben. Zu meiner Erleichterung entdeckte ich dort tatsächlich ein Bushaltestellenhäuschen.
Als ich wenige Zeit später in einem der Busse saß und aus dem Fenster starrte, machte mein Handy plötzlich das typische SMS-Geräusch. Wer hatte mir da geschrieben? Verwundert zückte ich mein Handy und sah auf den Bildschirm. Desteny meine BFF hatte mir geschrieben:
„Na Süße, ich wünsch dir super viel Glück in Hofling und viel Spaß. Wir telefonieren dann demnächst.“
Hatte sie geschrieben. Eilig tippte ich zurück.
„Danke. Werd ich haben. Klar telefonieren wir.“
Plötzlich schossen mir doch wieder die Tränen in die Augen. Desteny … sie war einfach die allerbeste Freundin der Welt. Ja, wirklich… wie lieb, dass sie sich gemeldet hatte.
Bald kam der Bus in Hofling an. Neugierig sah ich aus dem Fenster. Schließlich wollte ich wissen, wie es hier so aussah. Ich wurde nicht enttäuscht. Es war wirklich ein wunderhübsches kleines Dörflein. Nicht zu viele Autos fuhren herum und ich sah viele Koppeln. Höchstwahrscheinlich gehörten sie zu den Tsubasa Stables. Ich hatte noch nicht von einem anderen Hof in der Nähe gehört. Wieder wurde ich nervös. Viele Pferde und Ponys standen auf der Koppel. Welches würde ich auswählen? Nachdenklich stieg ich mit meinem Koffer die Bustreppen herunter auf die Straße.
Es war recht kühl, aber immerhin regnete es nicht. Die Jägerstraße sollte offensichtlich recht nah an der Bushaltestelle sein und ich entdeckte auch schon das Straßenschild. Langsam machte ich mich auf den Weg dahin. Ich hatte Zeit. Lucy, meine Mitbewohnerin würde heute sowieso im Stall sein und es war gerade Mal zwölf. Um drei Uhr war ich mit Nina Berger, der Hofbesitzerin verabredet. Also konnte ich mich völlig entspannen. In Gedanken versunken, auf den Boden blickend, fiel mir natürlich nicht auf, was hinter mir geschah. Plötzlich hörte ich lautes Hufgetrappel. „Aus dem Weg!“, brüllte eine Frau ihrer Tochter zu. Verwundert drehte ich mich um. Ein Pony kam auf mich zugestürmt. Es war in Panik und ich erkannte gleich wieso. Es trug einen Sattel und die Bügel baumelten herunter. Der Reiter war offenbar „abgestiegen“ und in der Trense hatte sich ein raschelnder Ast verfangen. Es nahm dem Pony die Sicht und da war es ja vollkommen klar, dass es Angst hatte. Selbst das ruhigste Pferd der Welt wäre erschrocken, wenn es plötzlich links nichts mehr hätte sehen können. Die Augen rollten nervös herum und das Pony würde spätestens bei einer Kurve stürzen. Was konnte ich tun? Trotz jahrelanger Pferdeerfahrung, hatte ich so etwas noch nie gesehen. Als ich genau hinsah, traf es mich wie ein Stich ins Herz. Das Pony war einfach… so wunderhübsch, so elegant und ich spürte vom ersten Moment an eine besondere Verbundenheit… als würden wir zusammen gehören… aber jetzt galt es erst mal, dass Tier zu bremsen. Ich sprang einfach in den Weg und hoffte. Würde es mich überrennen? Im nächsten Moment war es wie in Trance. Ich sah alles verlangsamt und etwas verwirrend. Ein Pferd bremste vor mir und hob sich dann in die Luft. Ich schaffte es die Zügel zu greifen und wir standen uns gegenüber. Es war wie ein magischer Moment. Als ob das Pony etwas spüren würden. Tief in meinem Inneren hörte ich eine Stimme… „Ihr gehört zusammen…“ ich sah statt dem Dorfhintergrund einen romantischen Sonnenaufgang… keine Sekunde später war alles vorbei. Nervös tänzelte das Pony. Auf der Schabracke war ein Name eingestickt „Diva“. Aha, das war der Name. Die Stute hatte den Kopf weit oben und die Nüstern aufgerissen. Ich beruhigte das schnaubende Tier durch Hals klopfen und beruhigendes Zureden. Plötzlich hörte ich von hinten eine Stimme. „Diva? Diva Gott sei Dank…“
Eine junge Frau kam auf mich zu gerast. Sie war in Reitklamotten und ohne Pferd. Aus dem Grund wahrscheinlich Divas Reiterin.
„Um Gottes Willen! Was machst du für Sachen?“, die Frau riss mir die Zügel aus der Hand. Sie streichelte der braunen Diva beruhigend über die Nase und wendete sich dann mir zu.
„Tut mir Leid, dass ich sie dir gerade so weg gerissen habe. Aber Diva ist immer etwas schwierig bei neuen Menschen und vor allem nach so einem miesen Erlebnis mit diesem Gebüsch.“ Demonstrativ riss die den Stock mit Blättern dran aus der Trense. „Aber danke, dass du sie noch erwischt hast. Nina hätte mich umgebracht, wenn ihrem Nachwuchspony was passiert wäre.“
„Nina Berger?“, erkundigte ich mich? Kam Diva am Ende von den Tsubasa Stables?
„Ja, kennst du sie?“, fragend sah die Frau mich an.
„Ich stelle mich heute mal vor, als Pferdefriseurin auf den Tsubasa Stables“, meinte ich. Das war ja super. Vielleicht stand Diva ja noch… na ja wohl eher nicht. So ein hübsches Pony stand nie im Leben zum Verkauf.
„Cool“, sie lächelte. „Dann werden wir uns ja häufig treffen. Ich bin fast jeden Tag da. Ich arbeite als Turnierreiterin… bekommst du auch eigenes Pferd beziehungsweise Pony?“
„Ja, ich darf mir eines aussuchen.“ Bemerkte ich.
„Das ist toll. Diva sucht auch noch einen Besitzer. Aber das ist schwierig, weil sie eine kleine Zicke ist. Ich glaube ich bin hier die Einzige die sie mag…“, antwortete sie.
Das war ja supertoll! Diva stand zum Verkauf…
„Nicht mehr. Ich habe mich schon entschieden wen ich nehme. Sie ist so toll.“
„Cool! Das ist ja super! Diva hast du das gehört? Du bekommst einen Besitzer!“, ich spürte das die Frau sich wirklich für Diva freute.
Wir verabschiedeten uns und ich machte mich auf den Weg in mein neues Zuhause…
Während ich zur Jägerstraße 8 ging, dachte ich noch einmal über meinen vorherigen Entschluss nach. Sollte ich wirklich direkt Diva kaufen? Natürlich wäre es besser zuerst auch noch die anderen Pferde auszuprobieren. Aber ich hatte das Gefühl, dass ich und Diva einfach zusammen gehörten. Es war so ein Gefühl der Zusammengehörigkeit da gewesen. Und dann diese Szene eben… als sie vor mir gestiegen war… es schien einfach, als gehörten wir zusammen… aber vielleicht war es falsch… na ja, ich hatte es bis jetzt ja erst Divas Reiterin gesagt. Also hatte ich noch Zeit zum Überlegen… mal gucken ob ich mit Diva überhaupt klar kam. Aber sie war so ein hübsches Tier und vorhin…
Schon bald kam ich an der Jägerstraße 8 an. Es war wirklich ein wunderhübsches, kleiner Bungalow und ich war schon neugierig, wie es von Innen aussah. Langsam zog ich den Schlüssel aus der Tasche und schloss auf. Vorsichtig öffnete ich die Tür und sah mich um. Es war ein kurzer Flur, wo es in ein paar, aber nicht zu viele Zimmer abzweigte. Das Haus machte gleich einen vertrauen erweckenden und ich konnte mir gut vorstellen hier die nächsten Jahre zu verbringen. Erstmal stellte ich den Koffer ab. Wo sollte ich schlafen? In welchem Zimmer? Plötzlich hörte ich ein Poltern aus einem der Zimmer. Was war das? Erschrocken hüpfte ich in die Luft. Mein ganzer Körper war angespannt wie ein Flitzebogen und auf den Fluchtmodus gestellt. Lucy hatte ja gesagt, dass sie im Stall sein würde wenn ich kam. Also… ich drückte mich an die Wand. Ein Einbrecher? Die leicht geöffnete Tür ging nun weiter auf und ich wäre beinahe geflohen… und was für ein Kopf streckte sich da durch die Tür? Der Kopf einer kleinen, braunen Hündin. Sofort hockte ich mich hin um sie anzulocken… war das Lucys Hund? Ja klar, sie hatte mir per Mail von ihr erzählt. Wenn ich mich recht erinnerte, hieß sie Zoey.
„Zoey“, flüsterte ich und sofort kam sie auf mich zu. Bingo! Da hatte ich mir den Namen gemerkt.
Es war wirklich ein hübscher Hund und sie ließ sich brav kraulen. Mit ihrer nassen Nase fuhr sie mir durch die Handfläche und das fühlte sich toll an. Die würde also dann auch in unserem Haus leben. Ein netter Mitbewohner. Ich öffnete die Zimmertür aus der sie gekommen war. Das Zimmer war zwar gefüllt mit Möbeln, aber es war noch nichts Persönliches drin. Um genau zu sein, war es gefüllt mit den Möbeln, die ich erst vor wenigen Wochen aus einem Prospekt bestellt hatte. Also würde es wohl mein Zimmer werden. Es war mittelgroß und wirklich wunderschön… und Platz genug für alles was ich dabei hatte, bat es auch. Ich holte meinen Koffer noch rein um dann mit dem Einrichten zu beginnen. Ordentlich legte ich meinen Klamotten in den Schrank und ordnete Bücher in die Regale. Mehr war eigentlich nicht zu tun. Aber bis drei hatte ich noch ewig Zeit… was konnte ich machen? Nachdenklich ließ ich mich aufs Bett fallen. Lucy hatte per E-Mail geschrieben, dass sie so um 14.00 wieder da sein würde. Also aus dem Stall zurück. Dann konnten wir uns kennen lernen, bevor ich mich um 15.00 auf den Weg zu den Tsubasa Stables machen würde. Aber es war gerade mal 13.30. Was also machen?
Ein paar Minuten später saß ich auf dem Sofa und kraulte Zoey das Fell. Sie war wirklich ein hübscher und freundlicher Hund. Ob sie wohl immer hier war, wenn Lucy in den Stall ging? Oder ging sie manchmal mit? Tatsächlich verging die Zeit mit einem Hund an der Seite wie im Fluge. Bald hörte ich einen Schlüssel im Schloss. Das musste Lucy sein. Gespannt setzte ich mich auf, während Zoey aufgeregt kläffend zur Tür rannte.
„Na Süße?“, hörte ich eine freundliche Stimme. „Ist Cindy, die neue Mitbewohnerin schon da?“
Kurz darauf bewegten sich Schritte in Richtung Wohnzimmer und Lucy trat ein.
„Hallo, du bist Cindy oder? Ich bin Lucy“, stellte sie sich mir vor.
„Hey, ja ich bin Cindy. Du kannst mich aber auch Sarah nennen. Das ist mir egal.“ Antwortete ich unbefangen. Lucy war wirklich freundlich und Zoey schien sie zu lieben.
„Cindy klingt besser“, Lucy lachte. „Hast du dein Zimmer schon eingerichtet?“, fragend sah sie mich an.
„Ja, genau. Alles fertig. Heute um drei bin ich mit Frau Berger verabredet“, meinte ich.
„Super. Dann können wir ja was zu Mittag essen. Ich habe einen Riesen-Kohldampf. Oder hast du schon gegessen?“, wollte sie wissen.
„Ne, ich wollte auf dich warten“, gab ich zur Antwort.
Erst jetzt merkte ich wie mein Magen drauflos knurrte.
„Na dann, mal gucken was wir so finden. Lucy ging vor in die Küche.“
Kurz darauf saßen wir beide vor so Fertig-Nudeln, da Keiner Lust gehabt hatte etwas zu kochen und das hätte eh zu ewig gedauert.
„Wie ist es denn auf Tsubasa so?“, ich wollte so einiges wissen, also fragte ich gleich mal los.
„Wunderschön. Groß und eigentlich fast nur freundliche Menschen“, antwortete Lucy.
„Arbeitest du auch da oder wo anders?“
„Ich arbeite auch da, als Bereiterin und zusätzlich mache ich als Nebenjob eine Ausbildung im Reisebüro Easy Travel“, erklärte sie. Das klang ja mal cool. Während wir uns unterhielten, verging das Essen wie im Flug. Bald war es auch schon so weit, dass ich mich auf den Weg in Richtung des Hofes machen musste. Lucy verabschiedete mich und wünschte mir viel Glück beim Vorstellungsgespräch.
Langsam ging ich durch das kleine, verschlafene Dörfchen Hofling. Meine Hände in den Hosentaschen waren verschwitzt. So war es immer, wenn ich mich jemandem vorstellen sollte, der sozusagen in der Rangordnung über mir war… wieso eigentlich? Das wusste ich leider auch nicht. Aber es machte mich einfach nervös… würde Nina freundlich reagieren oder eher nicht so? Wie würde sie vom Charakter her sein. Und vor allem, was für Anforderungen würden an mich gestellt werden? Schon bald kam ich an einen großen, schönen Hof. Er war ordentlich gepflegt und wunderschöne Pferde sahen aus den Boxen. In einer der Außenboxen sah ich die braune Ponystute „Diva“ von heute Mittag. Es zog mich wie magisch direkt dorthin und kurz darauf stand ich schon an der Box und kraulte die Nase des wunderschönen Tieres. Plötzlich hörte ich von hinten Schritte.
„Bist du Cindy?“, fragte eine Frau hinter mir. Überrascht drehte ich mich um. Eine junge Frau stand direkt hinter mir.
„Ja…“, murmelte ich zögernd. Das musste Frau Berger sein.
„Ich bin Nina Berger. Ich würde sagen, wir duzen uns einfach okay?“, Nina hielt mir die Hand hin.
„Ja“, meinte ich und schlug ein.
„Du hattest dich als Pferdefriseurin bei uns beworben oder?“, fragend sah sich mich an.
Ich nickte dazu nur. Auch zu Nina fasste ich schnell Vertrauen, zum Glück dauerte meine Schüchtern-Phase nie so lang.
„Okay, was hast du denn bis jetzt für Erfahrungen mit Pferden gemacht?“
„Ich hatte eine Zeit lang ein eigenes Pony und Reitunterricht in einem Reitstall bei uns.“
„Super, das scheint doch zu passen. Ich würde sagen vertraglich fest machen wir alles wann anders. Ich habe die Papiere jetzt nicht da und ja… hast du schon überlegt dir ein Pferd zu kaufen?“
Jetzt näherten wir uns dem Thema mit Diva…
„Ja, ich habe es zum Geburtstag bekommen, dass ich mir eines aussuchen darf.“ Erklärte ich.
„Warum sagst du das nicht gleich? Wir haben super Verkaufspferde hier.“ Meinte Nina.
„Öhm… ich habe heute schon eines eurer Verkaufsponys kennen gelernt…“, murmelte ich.
Überrascht sah Nina auf.
„Kann es sein, dass du die warst, die Diva erwischt hat?“, verwundert sah sie mich an.
„Jupp und irgendwie… ich weiß nicht, aber ich würde sie gerne haben“, antwortete ich.
„Na ja, so ziemlich jeder verliebt sich in sie. Aber kaum einer kann sie reiten. Sie ist eine kleine Zicke aber stammt aus unserer eigenen Zucht und wenn man sie reiten kann, ist sie ein Traum.“
„Sie ist wunderschön…“, schwärmte ich.
„Ja…“, plötzlich sah Nina auf ihre Uhr. „Verdammt! Ich bin verabredet. Wie wäre es, wenn du am Samstag zum Vorreiten kommst. Oder passt das für dich eher nicht?“
„Doch, das passt. Ich habe eh in nächster Zeit nicht so viel zu tun.“
„Okay, jetzt muss ich aber los. Ciao!“, Nina winkte mir noch zu und machte sich dann auf den Weg zu ihrer Verabredung. Ich blieb noch ein wenig an der Box stehen und plötzlich hörte ich von hinten ein Schnauben. Es war Diva, die da schnaubte. Langsam drehte ich mich um und sah sie noch einmal an. Wieder spürte ich, dass sie einfach toll war. Aber passten wir wirklich zusammen, oder war das nur so ein Gefühl?