„Schau mal!“, sagte Flavio zu mir, ich drehte mich zu ihm um und starrte ihn an. Er hielt ein Schneeglöckchen in der Hand, was er wohl im leichten Schnee gefunden hatte. Das erste Grün nach so einem langen Winter. Er grinste mich an, wie ein Honigkuchenpferd und reckte die kleine zierliche Blume mir entgegen. „Ist die für mich?“, fragte ich ihn erstaunt und lief rot an. Dann kam er auf mich zu, hielt mir die Blume hin. Etwas schüchtern nahm ich sie ihm aus seiner Hand, wisperte etwas was „Danke“ heißen sollte und betrachtete bewundernd dieses Schneeweiß, was das Schneeglöckchen an sich hatte. Als ich wieder aufsah, sah ich in die strahlenden Augen von Flavio und ein Lächeln legte sich auf meine Lippen nieder. Dies schien er zu ermutigen, denn plötzlich beugte er sich vor und drückte mir einen nassen Kuss auf die Wange. Das war mein erster Kuss und da war ich 7 Jahre alt. Wir waren so jung und hatten keine Sorgen und Probleme. Verschlafen rieb ich mir die Augen und schaute auf meinen Wecker. 7.30Uhr. Heute hatte ich länger geschlafen, denn gestern war ich unglaublich spät erst ins Bett gekommen und brauchte heute nur etwas meinen Hengst zu arbeiten. Aber zuvor wollte ich noch ein wenig in die Stadt gehen, in letzter Zeit fühlte ich mich etwas ausgelaugt und so hatte ich Urlaub für dieses Wochenende beantragt, was ich nun in vollen Zügen ausnutze.
Ich ging die große Einkaufsmeile hinunter und schaute ab und an mal in den Schaufenstern nach neuen Klamotten, jedoch war momentan einfach nichts dabei, was mir wirklich gefiel. Vielleicht lag es auch einfach daran, dass ich alleine unterwegs war und komplett Gedankenlos durch die Gegend schlenderte. Ich entschied mich nach einigen gefüllten Kilometern, einen Cappuccino im Café um der Ecke zutrinken. Doch kaum schaute ich durch das Fenstern hinein, blieb ich erstarrt stehen und schnappte nach Luft. Das konnte nicht wahr sein! Was machte er hier? Und wer war der Typ in Frack und Anzug gegenüber? Ich erkannte das Wappen auf seiner Schulter und mir stockte der Atem. Regierung!? Er schüttelte den Kopf und wirkte verärgert, geradezu wütend. Ich wich einen Schritt zurück und umklammerte meine Tasche mit einem festen Griff, als würde sie jeden Moment geklaut werden. Der Mann im Anzug schaute mich kurz an und wandte sich dann seinem immer noch aufgebrachten Gegenüber zu. Dieser schien sich von den Worten des Mannes im Anzug nicht wirklich beeindrucken und stand von seinem Stuhl auf. Er war nun richtig sauer und gestikulierte stärker. Dann hielt er plötzlich inne, runzelte die Stirn, als würde er sich an etwas erinnern und wandte sich nun deutlich freundlicher seinem Gegenüber zu. Der Mann im Anzug schüttelte ungläubig den Kopf und nickte dann in meine Richtung. Als würde bei dieser Bewegung ein Hebel in meinem Kopf umgelegt, drehte ich mich auf dem Absatz um und rannte die Straße hinunter. Er durfte mich einfach nicht sehen. Ich wollte ihn einfach nicht sehen. Gehetzt wie ein Reh vor seinem Räuber, bog ich in die Nächste eher etwas dunklere Seitengasse ein, wobei ich noch einen Fußgänger anrempelte und ihm etwas Entschuldigendes über die Schulter zurief. Ich hatte das Gefühl, als würde meine Lunge in viele kleine Einzelteile zerspringen und lehnte mich schweratmend gegen die kühle Hauswand.
Er hatte sich nun voll und ganz in Rage geredet und gestikulierte dabei mit den Händen. Wie konnte es seinem Ex-Chef einfallen, dass er mal eben wieder auf einen Einsatz gehen könnte? Er diente schließlich nicht mehr für die Regierung, wozu sollte er noch sein Leben aufs Spiel setzen? Schließlich war er nun auch in einem Alter angelangt, wo er eine eigene Familie gründen möchte und nicht eine Familie, die Angst haben muss, dass er nicht mehr heim kommt. Verärgert schaute er wieder zu seinem Ex-Chef und guten Freund an, der ihn vorhin angerufen hatte und spontan zu einem Bier eingeladen. „Ich werde nicht einen Finger mehr für die bewegen!“, entgegnete er gereizt und verschränkte die Arme vor der Brust. „Was ist schon dabei? Nur ein kleiner Einsatz? Nichts Schlimmes. Nur rein und wieder raus, mehr brauchst du gar nicht mitmachen. Was soll dir den schon groß passieren?“, sagte sein Gegenüber zu ihm mit einer Ruhe, die ihn schier den letzten Nerv raubte. „Das hast du bei dem letzten Einsatz auch gesagt und was ist da passiert?“, schrie er seinen Freund an und strich sich gereizt durch die Haare. Sein Freund schaute aber kurz aus dem Fenster und wandte sich dann wieder an ihn. „Deine Freundin steht draußen. Hast du ihr immer noch nichts erzählt? Ich glaube nämlich, du hast nun ein kleines Problem“, gab sein Freund mit einer etwas verbitterten Stimme von sich und legte den Kopf leicht schief. Doch er hörte ihm nur halb zu und hatte sich immer weiter in Rage geredet. „Ich mache da nicht mehr mit! Ich habe einen seriösen Job, bin Unternehmer einer großen Firma und brauche dieses Geld nicht mehr! Außerdem habe ich eine Freundin. Wie sollte ich ihr das erklären? Sag mir es…“, redete er weiter, bis er mitten im Satz stockte und seinen Freund entgeistert anschaute. „Was hast du gerade gesagt?“ „Deine Freundin steht draußen…“, weiter kam sein Freund gar nicht, denn da war er schon aufgesprungen, hatte sie erblickt und rannte aus der Tür hinaus, folgte ihr.
Eine starke Hand packte mich am Arm, ich schrie auf und wollte meinen Arm befreien. Doch der Griff um meinen Arm verstärkte sich dadurch nur und schlussendlich schaute ich in die Augen von Flavio. „Lass mich los!“, fuhr ich ihn leicht hysterisch an und versuchte erneut meinen Arm zu befreien. „Bitte, lass es mich erklären“, bat mich Flavio und ich erkannte in seinen Augen, den mit sich bringenden Schmerz. „Bitte, lass mich in Ruhe“, sagte ich zu ihm nun sanfter und nicht mehr mit so viel Nachdruck, wie das mal davor. Ein Passant blieb neugierig, aber auch zugleich aufmerksam stehen. Flavio wurde sich der Situation bewusst und ließ den Griff an meinem Arm los. Ich nutzte diese Freiheit nicht, sondern blieb vor ihm stehen, den Tränen nahe und schüttelte nur ungläubig den Kopf. Der Passant kam nun zu uns hinüber und richtete das Wort an mich. „Ist alles Okay mit Ihnen? Macht der Mann Ärger? Soll ich die Polizei rufen?“, fragte er mich besorgt und behielt aber weiterhin Flavio im Auge. Etwas überfordert mit den ganzen Fragen, wusste ich nicht sofort eine Antwort. „Nein, nein. Danke“, stotterte ich vor mich her und nickte dankend zu dem hilfsbereiten Passanten. „Soll ich Ihnen nicht vielleicht doch ein Taxi rufen, damit sie nach Hause fahren können?“, fragte der Mann noch einmal nach, jedoch schüttelte ich den Kopf. Dies ließ der Mann mit einem Murren dann über sich ergehen und machte sich dann wieder auf seinen Weg. Erst als der Mann aus unserer Sichtweite war, drehte sich Flavio wieder zu mir um und streckte die Hand nach mir aus. „Bitte, Kleines. Lass uns ein Stück gehen und ich werde dir alles erzählen und erklären, aber bitte… Sei nicht so sauer auf mich“, entgegnete Flavio zwischen gepressten Zähnen hervor und in seinen Augen lag ein unvorstellbarer Schmerz. Den Schmerz, den er mir gerade zugefügt hatte. Ich schnappte nach Luft, in meinem Kopf drehte sich alles. Nein, es stand fest. Ich wollte ihn jetzt nicht sehen – alleine. Ja, alleine. Das wollte ich nun sein. „Meinst du, du musst mir noch irgendwas erklären? Ich bin doch nicht blind! Der Typ hatte ein Oberbefehlshaberklappen an seiner Schulter. Du brauchst mir nichts zu erklären!“ Nun schloss sich ein Ereignis zum Nächsten in meinem Kopf und ich flochte mir mein eigenes Netz zusammen. „Deine ganzen Geschäftsreisen und deine angeblichen Urlaube waren alle nur für das Militär drauf gegangen! Warum hast du mich angelogen?“ Ich verzog angewidert mein Gesicht, bevor ich ihn erstaunt ansah und ihn am liebsten Ohrfeigen würde. „Josi! Sie wusste die ganze Zeit davon! Warum hast du es ihr damals erzählt und mir nicht? War ich dir nicht gut genug?“ „Nein“, gab er lasch von sich und fuhr sich aufgebracht durch die Haare. „Ich hatte Angst, du würdest nicht mehr mit mir befreundet sein. Jessi, ich mag dich doch schon seit wir in ein und dieselbe Klasse gehen. Wer will denn schon einen Soldat, der Leute tötet als Freund? Erklärst du es mir!“ Ich schaute ihn ungläubig an, nicht wegen der plötzlichen Wahrheit, sondern darüber, dass er so über mich dachte. „Bin ich wirklich so oberflächlich? Ernsthaft? Denkst du so von mir?“, fragte ich ihn mit einer hohen Piepsstimme, die ich immer bekam, wenn ich aufgebracht war und meine Augen füllten sich mit Tränen. „Wer bist du? Und wo ist mein Freund hin, den ich gekannt habe oder es eher gedacht habe? Ich hätte auch mit dieser Tatsache leben können. Das müsstest du, als mein angeblicher bester Freund und fester Freund, wissen!“ Ich warf ihm einfach nur noch alles an den Kopf, was mir gerade in den Sinn kam. Zu empört war ich über diesen Vorwurf. „Es tut mir leid…“, flüsterte er mit dem Kopf gesenkt und hob erst den Kopf, als ich nichts erwiderte. „Ich wollte diese Situation nicht hervorrufen, nie. Nie in meinem ganzen Leben wollte ich dich anlügen. Bitte, Jessi. Ich will dich nicht verlieren…“ Der Satz verebbte in seiner brüchigen Stimme, die viel Schmerz in sich trug und genauso viel Hoffnung. „Ich liebe dich schon, seitdem wir uns kennen. Jedenfalls fühlt es sich so an. Du warst und bist noch immer der Mittelpunkt meines Lebens.“ Einen Moment lang war ich berührt von diesen letzten Satz. Noch nie hatte er es mit so viel Liebe und Hoffnung in der Stimme gesagt. Aber es war der falsche Augenblick um mir ein Liebesgeständnis zu machen. „Flavio. Ich brauche Zeit für mich, um nachzudenken. Bitte, lass mir die Zeit“, bat ich ihn beruhigter als vorher und ließ mich nun gegen die kühle Hauswand fallen. Ich hatte nicht bemerkt, dass mein Körper so heiß geworden war. Er hatte den Mund geöffnet, wollte etwas erwidern, ließ es aber dann doch sein und kam einen Schritt weiter auf mich zu. Ich drückte mich reflexartig dichter an die Wand, er bemerkte es und stockte in seiner Bewegung. In seinen Augen lag eine Mischung aus Besorgnis und Verzweiflung. Jedoch schien er sich nur kurz von seinem eigentlichen Plan abzulenken, denn nun beugte er sich vor und legte sanft seine Lippen auf meinen. Mir stockte der Atem, mein Kopf fing an sich zu drehen und schon wieder war da dieses komische Magengefühl, was immer in mir hochstieg, wenn er mich küsste. Konnte man es wirklich Schmetterlinge nennen? Jedenfalls fühlte es sich ganz danach an. Ich erwiderte den Kuss, obwohl ich eigentlich sauer auf ihn war, jedoch konnte ich nicht anders. Seine Lippen, sie zwangen mich förmlich dazu und ich wollte ihn um nichts in der Welt aufgeben oder verlieren. Aber… „Ich brauche Zeit, bitte. Ich melde mich heute Abend bei dir.“, keuchte ich, löste mich von ihm und hielt ihn auf Abstand. „Ich werde Morgen nach Hause fahren. Es kommt noch ein Kunde aus China, der hat sich heute Morgen mal eben angemeldet und sie brauchen mich nun dort. Das meine ich nun ernst! Ich schätze ich bin gegen 18 Uhr fertig“, sagte er zu mir, ebenfalls schwerer atmend und blickte auf mich herab. In seinen Augen flackerte immer noch die Leidenschaft, die er mir gerade so innig gezeigt hatte. „Ok. Ich werde dich anrufen, sobald ich bin Accento fertig bin. Er wird sich bestimmt schon fragen, wo ich bleibe.“ Mit diesem Satz stieß mich von der Wand ab und ging ich an ihm vorbei. Ich brauchte Zeit und Luft.
Mein Weg führte mich direkt zum Stall und zu meinem Schimmel. Accento schaute neugierig über seine Boxentür und wieherte mir schrill entgegen. Scheinbar war er bis jetzt noch nicht draußen gewesen, normal hätte ich ihn ja auch schon längst gearbeitet und dürfte schon längst auf seiner Koppel stehen. „Hallo, mein Kleiner. Tut mir leid, dass ich so spät dran bin, aber ich wurde von Flavio aufgehalten. Das erzählte ich dir gleich alles, damit du nicht so sauer auf mich bist“, entschuldigte ich mich bei dem Hengst und strich ihm über die Nüstern, bevor ich ihn auf halfterte und draußen anband.
Die Sonne war heute warm und der eisige Wind hatte nachgelassen. Es war ein schöner Tag und ein noch schönerer Tag, um das erste Mal seit letztem Jahr richtig auszureiten. Denn der Boden gab auch einige Galoppstrecken her und Accento tat es bestimmt mal wieder gut, was anderes zu sehen. Ich war vertieft im Striegeln und dachte über vorhin nach, als sich Lucy zu mir gesellte. Zuerst bemerkte ich sie gar nicht, nur als ich mich umdrehte und sie mich grinsend ansah, musste ich einen Aufschrei kurz unterdrücken. „Du meine Güte!“, stieß ich hervor und hörte immer noch mein Herz bis zum Hals hämmern. „Erschreck mich doch nicht so!“ „Hallo, Jessi – erst mal. Entschuldige, dass wollte ich nicht. Du hast nicht mal reagiert, als ich dich ansprach und dich fragte, ob du heute rausgehst“, erwiderte sie trocken, aber freundlich und konnte sich ihr Grinsen nicht vom Gesicht bekommen. „Guten Tag, Lucy“, antwortete ich brav und fuhr dann fort, „Entschuldige, ich war etwas vertieft im Striegeln.“ „Du meinst wohl, du warst vertieft in dem Gedanken an deinen Freund“, entgegnete sie und fing selber an ihr Pferd zu striegeln. Ich legte den Striegel zurück in die Putzbox und nahm mir eine weitere Bürste heraus, um meinen Hengst weiter zu säubern. „Wahrscheinlich hast du Recht“, gestand ich und mir selber ein. „Achja… Und ja, ich wollte ins Gelände.“ Ich nahm nur das zustimmende Nicken von Lucy war, dann waren wir beide schon wieder in die Putzarbeit der Pferde vertieft. Dies schätze ich so an Lucy, sie fragte nicht weiter, sondern merkte von sich aus, wofür man selber bereit war es Preis zugeben.
Mein Schimmel schritt mit aufgestellten Ohren auf dem Sandweg hinweg, der in Richtung Wald führte und beäugte seine Gegend eindringlich. Ich beobachtete, einen Wanderfalken, der über unseren Köpfen hinweg flog und immer mal wieder größere Kreise zog. Wie anmutig so ein Geschöpf doch sein konnte und er war so frei, wie sonst kein anderes Lebewesen. Er hatte keine besonderen Sorgen, sondern blieb sein Leben lang bei einem Partner. Wenn es nur bei mir so wäre. Accento schnaubte laut, als würde er mich aufmuntern wollen oder selber zustimmen. Es zauberte mir ein Lächeln auf die Lippen, dann trabte ich ihn an und leicht. Der Schimmel freute sich endlich einen Gang höher schalten zu dürfen und gab einen leichten Buckler von sich. „He, du Spinner!“, lachte ich und trabte ihn nun einen festeren Weg hinunter aus dem Wald heraus.
Der Boden von dem Feldweg, auf dem wir unterwegs waren, war fest genug für einen schönen Galopp. Ich gab meinem Hengst die Galopphilfe, die er dankend umsetze und machte direkt gleich einen großen Satz nach vorne. Mit einem „Huch!“ nahm ich die Zügel kürzer und ritt ihn kurz Dressurmäßig. „Du kannst noch früh genug laufen!“, sagte ich zu ihm und ging langsam in den leichten Sitz. Er kämpfte nicht weiter gegen meine Hand an, sondern fügte sich seinem Schicksal nicht wie ein Bekloppter lospreschen zu können. Jedoch ließ ich ihn in einer großen Galoppade den Feldweg hinunter zu galoppieren und genoss es einmal den Kopf abschalten zu können, ohne an etwas Bestimmtes zu denken. Am Ende des Feldweges nahm ich ihn auf und parierte ihn zum Trab durch, lenkte ihn auf einen kleinen, schmalen Zwischenweg.
Dieser kleine Sandweg führte direkt auf eine große endloswirkende Weide, wo ich beherzt meinem Schimmel die Wade gegen seinen Bauch drückte und ihn vorher etwas aufnahm. Der Hengst sprang dieses Mal nicht so früh und wild nach vorne, sondern blieb ruhig und brav bei mir. Nach einer kleinen Strecke im kontrollierten Galopp, die wir hinter uns ließen, gab ich ihn frei und ging in den leichten Sitz. Der Schimmel zog das Tempo leicht an und als ich ihn nicht weiter aufnahm, streckte er sich. In einem rasanten Galopp flog er über die Wiese und ließ mich einfach nur noch im Jetzt und Hier ankommen. Keine Sorgen, keine Probleme. Es gab nur noch in diesem Moment meinen Hengst und mich. Niemanden sonst. Es war ein unglaubliches Gefühl von Freiheit, so wie der Falke vorhin. Ich spürte Accento unter mir, der kraftvoll nach vorne sprang und für seine 5 Jahre recht gut trainiert war. Meinem Kleinen gefiel es sehr endlich mal sich auszupowern und legte noch eine Schiebe mehr drauf. Aber viel zu schnell kam das Ende der Wiese in Sicht und ich musste langsam die Bremse ziehen. Widerwillig schüttelte er den Kopf, als er meine aufnehmenden Hilfen spürte, ließ sich aber durchparieren und schließlich in einem angemessenen Trab zurückführen. Dann wendete ich ihn und galoppierte die Strecke wieder zurück.
Die Hufe meines Hengstes klapperten, als wir auf dem Hof im Schritt wieder ankamen und Brian, der gerade eine Schubkarre mit Mist durch die Gegend schob, schaute auf. „Ach. Da ist ja die Vermisste!“, begrüßte er mich und ich dirigierte meinen Hengst zu ihm hin. „Guten Tag, erst einmal. Ja, danke. Mir geht’s Prima und dir?“, gab ich ihm zurück und hielt Accento vor ihm an. Dieser streckte die Nase nach dem jungen Mann aus, scheinbar auf der Suche nach etwas Essbaren. „Warum? Werde ich vermisst?“ „Ja, Davi läuft wie ein aufgescheuchtes Huhn herum und sucht dich!“, antwortete er und schenkte mir ein Lächeln. Ich lächelte höflich zurück und zupfte am Zügel, damit Accento mit der Untersuchung aufhörte. Doch dieser schien sich nicht so davon abzuhalten und untersuchte nun die Schubkarre. Diese Neugierde… „Warum läuft die denn wie ein aufgescheuchtes Huhn? Was ist denn so wichtig?“, fragte ich ihn wieder und zupfte nun stärker an den Zügeln, was den Schimmel aber nur dazu ermutigt die Nase fast in den Mist hinein zustecken. „Accento!“ Brian hatte etwas Nachsicht mit mir und schob ihn weg. „Danke!“ „Naja, Davi wollte dich dringend sprechen. Wo die nun ist: Keine Ahnung“, sagte er und versuchte sich lässig gegen die Mistkarre zu lehnen, was nicht gerade gelungen und ich für wirklich sinnvoll hieß. Er schien meinen etwas verzogenes Gesicht bemerkt zu haben und stellte sich nun breitbeinig hin, die Hände in den Taschen versteckt. „Ok. Danke. Ich werde sie suchen. Bis später“, entgegnete ich etwas verwirrt, trieb meinen Hengst etwas vorwärts und hielt ihn dann vor seinem Putzplatz an. Der Hof schien fast, wie leergefegt, als ich die Ausrüstung in die Sattelkammer brachte und zurückkehrte. Dann ging es für Accento auf die Weide, dabei tänzelte er den ganzen Weg neben mir her und als ich ihn dann von seiner Qual erlöste, schoss er vorwärts. Mit aufgestellten Schweif und geregten Kopf trabte er später leichtfüßig über die Weide. Kopfschüttelnd wandte ich mich von ihm ab und schaute unterwegs noch bei Cody rein, der heute ausnahmsweise seinen freien Tag hatte.
„Jessi!“ Ich drehte mich um und sah Davi. Sie winkte mir eifrig entgegen und kam mit schnellen Schritten auf mich zu. „Hallo Davi!“, begrüßte ich sie zwar freundlich und war plötzlich sehr angespannt. „Ich habe dich schon überall gesucht!“, gab sie gespielt empört von sich und grinste mich luftschnappend an. „Was ist denn so wichtig?“, fragte ich sie neugierig und jeder einzelner Muskel spannte sich an. Mein Körper war gespannt, was nun kommen würde. „Eben gerade war dein Freund hier und meinte, ich solle dir ausrichten, dass er den nächsten Flieger nach Hause nehmen würde, weil sein Kunde schon heute ankommt und er meldet sich kurz, wenn er drüben gelandet ist“, erzählte sie mir leicht außer Atem und schaute mich dann besorgt an. Denn mir entglitt mein sonst so gepflegten Gesichtszüge und starrte sie fassungslos an. „Jessi? Was ist vor gefallen? Magst du es mir erzählen?“ Ich schüttelte jedoch den Kopf und meinte: „Ich hab gerade Accento gemacht und jetzt habe ich das Wochenende Urlaub... Es ist was vor gefallen, ja, aber das ist etwas lang. Nur so viel, dass ich vorhin komplett überreagiert habe. Ich muss es irgendwie wieder zu Recht rücken, Nina.“ Zwar runzelte sie kurz die Stirn, nickte dann aber doch und schenkte mir schließlich ein herzliches Lächeln. „Das bekommst du schon hin, Jessi.“ „Danke, Davi. Ich muss dringend los. Man sieht sich!“, rief ich noch über die Schulter, denn ich hatte mich schon längst in Bewegung gesetzt und auf direktem Weg zu meinem Übergangsauto.
Ich muss ihn noch erwischen… So kann ich ihn nicht nach Hause fliegen lassen. Ich musste mich nochmal bei ihm entschuldigen und alles wieder ins rechte Licht rücken. Mit einem schnellen Griff zu meinem Handy, wählte ich die Kurzwahltaste und schloss mein Handy über das Autoradio an. Das Freizeichen kam durch die Lautsprecher und es tutete die ganze Zeit, jedoch nahm er nicht ab. „Geh schon ran, du Blödmann!“, schrie ich mein Telefon an und bog gerade auf die Autobahn rauf. Das Tuten hörte auch nicht mein 3. Durchklingeln auf, als ich schon wieder die Autobahn verließ und auf direktem Weg zum Flughafen war.
Als ich das Auto direkt vor dem Terminal parkte, auf einen Platz für Kurzparker, sprintete ich vom Auto ins Terminal hinein und suchte die nächstliegende Info auf. Die Frau war freundlich und hilfsbereit, nachdem ich ihr meine Sachlage erklärte und ich ihr sagte, es sei sehr wichtig. Sie lotste mich nach oben zum Gate 3 und wünschte mir viel Glück. Die Treppe nach oben, nahm ich immer zwei Stufen und rannte den Gang hinunter. Vor dem Gate 3 wurde ich dann von der Secruity abgefangen, bis ich ihm es erklärt hatte, schien es Stunden zu dauern. Dann aber drehte er sich kurz zum Fenster und wieder zu mir. „Tut mir leid. Der Flieger ist gerade abgehoben.“
***Später am Nachmittag***
Ich hatte den nächsten Flieger nach Vesland genommen, dieser hatte aber dann auch noch eine Stunde Verspätung. Am Flughafen stieg ich ins nächste Taxi herein und gab ihm die Adresse von Flavios Firma. Als ich die Firma betrat, beäugte mich mit großen Augen eine blondhaarige Frau, jedoch nicht meine alte Freundin mit der ich mich so unglaublich gut verstanden hatte. Ich steuerte direkt auf die junge Frau zu und begrüßte sie mit einem freundlichen Lächeln. Sie musterte mich kurz, schenkte mir dann ein herabfallendes Lächeln und wandte dann ihre Piepsstimme an meine Person. „Willkommen… Was kann ich für sie tun?“, fragte sie mich höflich und am liebsten hätte ich ihr etwas wie: Sie können sich ihre Sprüche und Höflichkeit sparen - ries mich aber zusammen und antwortete ihr brav. „Ist der Herr Steinert im Haus und sitzt er noch in seinem Meeting?“, entgegnete ich ihr und mein Blick huschte immer mal wieder zum Fahrstuhl, als würde ich nur darauf hoffen, dass er dort gleich aussteigen würde. Die Blondi schaute mich kurz etwas erstaunt an, scheinbar wunderte sie sich, warum ich über sein Meeting Bescheid wusste. „Herr Steinert ist im Haus, aber haben Sie einen Termin bei ihm?“, sagte die Frau unbeirrt und klapperte mit den Fingern auf der Tastatur ihres Computers herum. „Nein. Ich habe keinen Termin bei ihm – den brauche ich auch nicht!“, antwortete ich ihr und wandte mich zum Gehen. „Ich fasse es mal als Nein auf. Könnten sie ihn anrufen und Bescheid geben, dass eine Frau Frielinger auf den Weg zu ihm ist. Sie muss dringend über etwas sprechen. Danke!“ „Aber sie können doch nicht…“, verstand ich noch die Frau mit aufgeregter Stimme, dann war ich auch schon im Fahrstuhl verschwunden und drückte hastig auf das 3. Stockwerk. Der Chinese, der aus dem Fahrstuhl kam, schaute mir verwundert nach und grinste dabei amüsiert.
Der Fahrstuhl war mir viel zu langsam und ich tippte unruhig mit dem Fuß auf den Boden. Ein Bing ertönte und ich schaute auf. 3.Stock. Die Tür des Fahrstuhls öffnete sich und ich sprang heraus. Ein Mann mit Anzug schaute mir kurz nach, als ich hastig an ihm vorbei lief und direkt auf das Büro von Flavio zusteuerte. Unentschlossen blieb ich vor der Holztür stehen und klopfte dann zaghaft an der Tür. „Herein!“, ertönte von innen und ich öffnete die Tür. Mein Herz schlug bis zum Hals und machte einen Salto, als ich Flavio hinter seinem Papier entdeckte.
„Jessi!“, rief er aus, als er von seinen Ordnern auf schaute und stand so schwungvoll auf, dass er beinahe seinen Chefsessel umstieß. „Hi. Ich muss unbedingt mit dir reden…“, doch bevor ich weiter kam, klingelte sein Telefon und er gab mir ein Handzeichen, was so viel, wie: Moment hieß. „Ja?“, fragte er genervt in den Hörer und fuhr dann fort, „Nein, brauchen Sie nicht… Ja, sie ist hier oben… Nein, es ist vollkommen ok… Ja… Achso. Bitte sagen Sie alle weiteren Termine für heute Abend ab. Ich hab was anderes vor. Danke. Machen Sie gleich Feierabend – heute ist ja nicht viel los… Tschüss.“ Dann legte er auf und grinste mich an. Ich hatte die Tür hinter mir zugemacht und stand nun etwas unbeholfen im Raum. „Du bringst meine Sekretärinnen ganz schon durcheinander und hältst sie gut auf Trab.“ „Ich hatte ihr gesagt, sie solle dich anrufen und sagen, dass ich auf dem Weg bin“, rechtfertigte ich mich und knetete mit den Händen. „Ich muss mit dir reden… Heute Morgen… Ich hab irgendwie überreagiert. Tut mir leid.“ Flavios Grinsen verließ seinen Mund nicht, sondern wurde nur noch breiter. „Und dann hast du dich gleich in den nächsten Flieger gesetzt? Nur um mir zu sagen, dass es dir leid tut?“, fragte er mich und kam um seinen Tisch herum auf mich zu, blieb vor mir stehen. „Naja“, begann ich und schaute auf meine Fußspitzen, doch dann blickte ich ihm in die Augen, „Du bist mir sehr wichtig und ich kann es nicht ertragen, wenn wir uns streiten. Du bist mir verdammt wichtig.“ Er legte mir die Arme um die Taille, zog mich an sich heran und legte sanft seine Lippen auf meinen. Wieder erwachten meine Schmetterlinge in meinem Bauch und gab mich seinen Lippen hin, die mich nun voll und ganz in seinem Bann zogen.
„Erkennst du es wieder?“, entgegnete er nach einer Weile, den gesamten Weg bis jetzt hatten wir uns angeschwiegen und ich schaute zu ihm hoch. Dann erst schaute ich mich um und blieb erstarrt stehen. „Ich nehme dies jetzt mal als ein ‚Ja‘ auf.“ Es war genau der Ort, wo er mir meinen ersten Kuss auf die Wange gegeben hatte, es war meine erste Blume, die ich je von einem Jungen bekommen hatte. Ohne auf ihn zu achten ging ich über den Rasen, wo aber kein Schnee lag, so wie in meinem Traum, der Vergangenheit und ein Lächeln spiegelte sich auf meinen Lippen wieder. „Hast du mich mit Absicht hier her gebracht?“, fragte ich ihn und entdeckte in einer kleinen Ecke unter einer dicken Eiche, ein Büschel voll Schneeglöckchen. Die ersten Blumen, die ich dieses Jahr sehe. „Schneeglöckchen“, flüsterte ich und drehte mich dann mit einem Lächeln zu ihm um. „Ja, du hast mich durchschaut.“ Er sagte seinen Satz sanft, lächelte zurück und kam langsam auf mich zu. Kurz vor mir blieb er stehen, streckte die Hände nach mir und ließ in gewähren. Er schlang seine Arme um meine Taille, zog mich an sich heran und schaute mir tief in die Augen. „Du bist wunderschön. Ich würde dich nie im Leben mehr hergeben wollen.“ „Ich…“, doch bevor ich etwas erwidern konnte, lagen seine Lippen weich auf meinen und ich schloss meine Augen. Ich nahm ihn in mir, genoss ihn und wollte nur noch ihm gehören. Er hatte etwas an sich, was mich in Flammen aufgehen und komplett abschalten ließ. Wie aus einem Reflex schlang ich die Arme um seinen Hals und schmiegte mich weich an ihn. Dann erwiderte ich seinen Kuss innig und Leidenschaftlich.
Ich wusste nicht, wie lange wir schon so da standen und uns küssten. Doch wir wurden ziemlich unromantisch von einer Gruppen von Mädchen gestört, indem die Strohblonde zu der Brünetten meinte: „Ist das nicht dein Chef dort, Kathi? Auf den du so stehst? Hat der eine Freundin?“ Flavio ließ von mir ab, was ich mit einem protestierenden Brummen quittierte und drehte sich dann zu der Gruppe um. Die Brünette lief rot an und wäre am liebsten im Boden versunken, so wie sie das Gesicht verzog. Kathi drehte sich zu ihrer Freundin um und fuhr sie an: „Halt deinen Mund, Marion!“ Ich musste mir ein Lachen verkneifen, was in einem Glucksen unterging und bekam einen kurzen Reiß-dich-zusammen-Blick von Flavio. Eine ziemlich übertriebene Geste von ihm, wie ich es empfand, aber hielt meinen Mund. Flavio nickte der kleinen Gruppe von 4 kichernden Mädchen und einer Tomate entgegen, was die Tomate erst recht zum Weitergehen zwang, jedoch hob sie vorher noch kurz die Hand zum Gruß. „So und wo waren wir stehen geblieben?“, fragte er mich, drehte sich zu mir und umschlang mich wieder wie vorher. „Hmm. Ich glaube du, wolltest mich gerne mit nach Hause nehmen, weil mir langsam kalt wird“, antwortete ich ihm und grinste ihn an. Es war mittlerweile schon dämmrig geworden und ein frischer Wind ist aufgekommen. Flavio löste sich von mir, zog sich seine Jacke aus und legte sie mir um die Schultern. „Willst du immer noch zu mir nach Hause?“, erwiderte er auf meine Aussage und betrachtete mich neugierig. „Ja“, flüsterte ich und beugte mich zu ihm hin. Dann legten sich meine Lippen auf seine und versuchte so gut wie es ging meine Arme um seinen Hals zu schlingen, ohne seine Jacke zu verlieren. Flavio hielt kurz inne, als würde er alles in sich aufnehmen. Erst dann erwiderte er meinen Kuss mit einer Leidenschaft, die mich erschütterte. Keuchend kam ich von ihm los und hielt in auf Distanz. „Wenn du so weiter machst, kommen wir nie bei dir zu Hause an!“ „Wollen wir denn nicht einmal was Aufregendes erleben? Etwas Verbotenes machen?“ In seinen Augen blitzte etwas auf, was ich nicht ganz zu deuten wusste. Ich schüttelte lachend den Kopf. „Ok. Ich verstehe schon. Wir verlegen es auf ein anderes Mal.“ Ein breites Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit und löste sich dann von mir. Seine Hand griff nach meiner und forderte mich auf ihm zu folgen. Willig folgte ich ihm und wir schlenderten im Park Hand in Hand entlang. Kurz bevor wir den Park verließen schaute ich in den mittlerweile sternenklaren Himmel und meinte eine Sternschnuppe gesehen zu haben. Jedoch wünschte ich mir nichts – ich hatte das, was ich mir nur sehnlichst wünschte schon in meinem Leben. _____________________________________________ Sodele.. meine beiden Schicksale von März sind drin, weil die gerade sehr gut rein passen :D (: Ich hoffe der ist soweit ok... :D 1.Wenn die ersten Blumen wieder blühen... 2.Eine Sternschnuppe!
It's gotta be faster, faster Harder, harder A better version of me Gotta be crazy, sexy, louder, edgy A bigger version of me
Doch! Ich kann auch kaum etwas anderes machen, wenn ich weiss, das da wieder ein Beri "rum" liegt... Deswegen bin ich jetzt auch mal lesen, aber Bewertung muss warten, schliesslich machen sich die Hausaufgaben leider nicht alleine...
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06.03.2014 14:43 (zuletzt bearbeitet: 06.03.2014 14:43)
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